Zehnjährige Verjährungsfrist des Übereignungsanspruchs von Grundstücken auch auf Besitzverschaffung anwendbar
Der Bundesgerichtshof hatte mit seinem Urteil vom 29.01.2021 – V ZR 139/19 zu entscheiden inwieweit verschiedene Verträge, die als Bedingungen in notariellen Kaufverträgen vereinbart werden, ebenso zu beurkunden sind und wie sich entsprechende Formfehler auswirken.
Interessant war jedoch die mit dem Urteil ebenso vom BGH getroffene Feststellung, dass Ansprüche auf Besitzverschaffung von Grundstücken, also deren tatsächliche Herausgabe, ebenso erst nach 10 Jahren verjähren gemäß entsprechender Anwendung des § 196 BGB. Klar war dies bislang nur gem. § 196 BGB für den Eigentumsverschaffungsanspruch, also für die Eintragung in das Grundbuch. Es entspreche jedoch nicht der Vorstellung des Gesetzgebers hier Wertungswidersprüche zu schaffen, so der BGH.
Der Bundesgerichtshof führte hierzu in seinem Urteil vom 29.01.2021 – V ZR 139/19 aus:
(1) Nach dem Wortlaut des § 196 BGB gilt die hierin angeordnete Verjährungsfrist von zehn Jahren allerdings – soweit hier von Interesse – nur für „Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“. Ob die Vorschrift auf Ansprüche auf Verschaffung des Besitzes an Grundstücken, die nicht isoliert, sondern – wie hier – neben einem Übereignungsanspruch geltend gemacht werden, (entsprechende) Anwendung findet, wird unterschiedlich beurteilt (verneinend Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl., § 196 Rn. 6; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [Neubearbeitung 2019], § 196 Rn. 7; bejahend MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl., § 196 Rn. 6; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 16. Aufl., § 196 Rn. 9; NK-BGB/Budzikiewicz, 4. Aufl., § 196 Rn. 21; Prütting/Deppenkemper, BGB, 15. Aufl., § 196 Rn. 5; BeckOK BGB/Henrich [1.11.2020], § 196 Rn. 9).
(2) Richtig ist die analoge Anwendung des § 196 BGB. Nach der Gegenauffassung würde der Anspruch auf Übergabe des Grundstücks in der Regelfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) verjähren, so dass die Situation entstehen könnte, dass der Eigentumsverschaffungsanspruch gemäß § 196 BGB noch nicht verjährt ist, der begleitende Besitzverschaffungsanspruch hingegen schon. Die Nichtanwendung von § 196 BGB würde den Gläubiger deshalb dazu zwingen, erst die Verschaffung des Eigentums einzuklagen, um sich nach Vollstreckung dieses Anspruchs aus dem Eigentum den Besitz an der Sache zu verschaffen. Das entspricht nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers, der zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch den Anspruch auf die Gegenleistung in die lange Verjährung des § 196 BGB einbezogen hat (vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 16. Aufl., § 196 Rn. 9). Sähe man dies anders, müsste erwogen werden, dem Schuldner die Erhebung der Verjährungseinrede hinsichtlich des Übergabeanspruchs als treuwidrig (§ 242 BGB) zu verwehren. Sachgerechter ist demgegenüber die entsprechende Anwendung von § 196 BGB (so auch NK-BGB/Budzikiewicz, 4. Aufl., § 196 Rn. 21; MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl., § 196 Rn. 6).
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