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LG Köln: Urteil vom 22. April 2021 - 29 S 143/20

Rechtsgebiet: Wohnungseigentumsrecht

Verfahrensgang:
AG Köln, 14.07.2020 - 204 C 1/20

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 14.07.2020 – 204 C 1/20 – teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin als Eigentümerin der Einheit Nr. 11 mangels Ausübung der dem Eigentümer der Einheit Nr. 11 gemäß § 5 Abs. 2 der Teilungserklärung alt (Urkunden des Notars Dr. I vom 22.12.2002, Urkunden-Nr. ####/2002 und Änderungsurkunde vom 13.03.2003, Urkunden-Nr. ###/2003) und Ziffer 2.1.1. Teilungserklärung neu (Urkunde des Notars a.D. L als amtlich bestellter Vertreter von Dr. C vom 22.09.2016, Urkunden-Nr ###/2016) zustehenden Ausbaurechte bis zu Beginn der Errichtung/Ausübung der Rechte gem. § 5 Abs. 2 Teilungserklärung alt und Ziffer 2.1.1. Teilungserklärung neu nicht verpflichtet ist, über die allgemeinen Regelungen/sonstigen Bestimmungen der Teilungserklärung hinaus Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der Dachaufbauten inklusive der Anschlüsse an das Hauptdach allein zu tragen.

Der Beschluss zu TOP 7 aus der Eigentümerversammlung vom 05.12.2019 wird, soweit der Beschluss die Erhebung einer Klage gegen die Klägerin vorsieht, für ungültig erklärt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten nach Kopfteilen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft N-H-Straße 4, #### Köln. Sie streiten um die Kostenlast für die Instandhaltung/Instandsetzung der Gauben und Dachfenster in der Sondereigentumseinheit Nr. 11, die bereits vor 2002 erstellt wurden. Die Klägerin erwarb die Einheit Nr. 11 im Jahr 2017.

Mit Urkunde vom 22.12.2002 – UR.Nr. #### für 2002 - (Bl.15ff GA), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde die ursprüngliche Teilungserklärung abgeändert und insgesamt neu gefasst. Dem jeweiligen Eigentümer der Einheit Nr. 11 wurde gem. § 5 Abs. 2 das Recht eingeräumt, auf seine Kosten in die Fläche des Dachs Loggien, Dachgauben und Dachfenster nach seiner Wahl einzubauen.

Mit Urkunde vom 22.9.2016- UR.Nr. ### für 2016 - (Bl.45ff), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde die Teilungserklärung abgeändert. Unter 2.1.1. heißt es u.a.: „Für die Dachflächen und Dachteile, die nicht zu den in § 5 Abs. 2 der TE-alt genannten Bauten und deren oben beschriebenen Ergänzungen gehören, sollen dagegen für Instandhaltung und Instandsetzung sowie die damit verbundenen Kosten die allgemeinen Regeln der Teilungserklärung zur Anwendung kommen.“

Die Klägerin ficht die Beschlussfassungen zu TOP 6 – Negativbeschluss Kostentragung Dachfenster und Gauben - und zu TOP 7 – Beauftragung Rechtsanwalt E zur Klageerhebung gegen die Miteigentümerin M auf Erstattung der Kosten für Gaubenreparatur und Streitverkündung in diesem Verfahren gegenüber dem Notar - aus der Eigentümerversammlung vom 19.11.2019 an und beantragt weiter festzustellen, dass die Klägerin als Eigentümerin der Einheit Nr. 11 mangels Ausübung der Ausbaurechte nicht verpflichtet sei, über die allgemeinen Regelungen/ sonstigen Bestimmungen der Teilungserklärung hinaus, Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung für die Dachaufbauten inklusive der Anschlüsse an das Hauptdach allein zu tragen.

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Das Amtsgericht hat der Klage in vollem Umfang entsprochen. Zu TOP 6 und 7 hat es ausgeführt, dass den Beklagten die Beschlusskompetenz fehle. Sie seien nicht befugt, über Kostentragungspflichten im Beschlusswege zu entscheiden. Bei dem Dachgeschoss handele es sich um Gemeinschaftseigentum, so dass die Instandhaltungskosten nicht auf einen Eigentümer abgewälzt werden könnten. Aus der Teilungserklärung ergebe sich eindeutig, dass nur für den Fall, dass Dachaufbauten vorgenommen würden, sich eine Kostenpflicht ergebe. Der Wortlaut zu § 5 Abs. 2 alte Fassung und Ziffer 2.1.1. lasse keine Auslegung zu; er sei eindeutig. Demgemäß sei auch dem Feststellungsantrag zu entsprechen gewesen.

Mit der Berufung rügen die Beklagten zunächst, dass ihnen der Schriftsatz vom 02.06.2020 nicht zur Kenntnis gebracht worden ist.

Weiter führen sie aus, dass das Amtsgericht zu Unrecht von fehlender Beschlusskompetenz ausgegangen sei. § 16 Abs. 2 WEG sei dispositives Recht, so dass die Miteigentümer mit Mehrheit etwas anderes beschließen könnten. Das Amtsgericht hätte sich damit auseinandersetzen müssen, ob die Voraussetzungen für die Anfechtung vorliegen könnten. Auch habe das Amtsgericht versäumt, den Sachverhalt aufzuklären.

Weiter gehe das Amtsgericht zu Unrecht davon aus, dass die Teilungserklärung so zu verstehen sei, dass die Sondereigentümer der Wohnung Nr. 11 nicht die vergangenen - also vor 2016 entstandenen Kosten - für die Dachausbauten zu tragen hätten. Das Amtsgericht hätte nicht allein am Wortlaut festhalten dürfen, sondern den § 133 BGB beachten müssen. Das Amtsgericht habe übersehen, dass die Beklagten die Voraussetzungen einer falsa demonstratio nach § 133 BGB vorgetragen hätten. § 133 BGB gelte auch für das Grundbuch, wie sich aus der Entscheidung des OLG München – 34 Wx 425/17- ergebe. Die Teilungserklärung habe so abgeändert werden sollen, dass die Einheit Nr. 11 die Instandhaltungskosten für alle Dachausbauten habe tragen sollen. Wenn die Parteien sich falsch erklärt hätten, so gelte das übereinstimmend Gewollte.

Auch sei es nicht richtig, dass der Wortlaut der Teilungserklärung von 2016 eindeutig und klar regle, dass die Klägerin nur für zukünftige Dachausbauten die Kosten der Instandhaltung/Instandsetzung trage. Das Gericht habe die angebliche Eindeutigkeit nicht begründet. Die Auslegung sei vom Berufungsgericht zu prüfen. In jedem Fall gelte jedoch § 133 BGB. Es habe in 2016 der gemeinsame Wille bestanden, dass die Kostentragungspflicht auch für die Dachausbauten vor 2002 gelte. Die Vorschrift gelte auch für Teilungserklärungen. Bei Notarurkunden gelte die sog. Andeutungstheorie des BGH. In der Teilungserklärung gebe es einen Anhaltpunkt dafür, dass die vor 2002 gebauten Dachgauben erfasst seien. Denn eindeutig heiße es im 4. Absatz von 2.1.1., dass auch Dachgauben erfasst seien. Berücksichtige man darüber hinaus, dass das neugefasste Recht in § 5 Abs. 2 Teilungserklärung nicht neue Gauben, sondern nur Höhe und äußere Form der Dachform betreffe, sei die Auslegung des Gerichts jedenfalls nicht eindeutig. Überdies müsse die Regelung in Ziff. 2.1.1. vor dem Hintergrund der Vorbemerkungen in Ziff. 1.3. ausgelegt werden, hierbei ergebe sich durch die Formulierung „alle Dachaufbauten“ und „einschließlich der Verglasung“, dass auch die bestehenden Dachgauben hätten eingeschlossen sein sollen. Auch sei zu berücksichtigen, dass nach den vorgelegten Plänen- Anlage B1 – weitere Gauben gar nicht mehr hätten erstellt werden können. In der Teilungserklärung sei das Ausbaurecht zur Erhöhung des Dachs eingeräumt worden nicht aber für eine weitere Gaube. Auch dies belege, dass soweit von Instandsetzungskosten der Gauben in der Teilungserklärung die Rede sei, nur die alten Gauben gemeint sein könnten.

Des Weiteren sei die Abwälzung der Kosten der Dachausbauten weder willkürlich noch unzumutbar. Schon seit 2002 seien sich die Miteigentümer/Geselllschafter der BGB Gesellschaft einig gewesen, dass eine Neuverteilung der Kostenpflichten stattfinden müsse. Die damalige Eigentümerin E1 habe 10.000,00 € erhalten sowie das zusätzliche Ausbaurecht nach Ziff. 2.1.1. Teilungserklärung. Vor dem Verkauf sei der Klägerin, der damaligen Mieterin, erklärt worden, dass sie nach der Teilungserklärung die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung zu tragen habe. Die Klägerin sei danach nicht gutgläubig gewesen. Sie habe in 2017 das große Fenster der Gaube auf eigene Kosten instandgesetzt.

Der Beschluss zu TOP 6 sei weder nichtig noch anfechtbar. Die Klägerin habe mit ihrem Antrag im Kern ein Anerkenntnis begehrt, dass sie für die alten Dachaufbauten keine Kosten zu tragen habe. Sie habe damit eine Änderung der geltenden Rechtssituation begehrt.

Auch die Beschlussfassung zu TOP 7 sei weder nichtig noch anfechtbar. In dem Beschluss gehe es um Kosten zur Klärung der Rechtslage und ggfls. einen Notarregress. Die Auffassung der Klägerin, dass die Wohnungseigentümer nicht regressberechtigt seien, sei falsch.

Der Feststellungsantrag beziehe sich darauf, in Zukunft die alleinige Kostentragung der Klägerin auszuschließen, was nunmehr auch gegen die Regelung im neu gefassten § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG verstoße. Das Gesetz sehe eine Beschlussfassung für die Zukunft vor.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 14.07.2020 – 204 C 1/20 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Teilungserklärung sei nicht auslegungsbedürftig, es liege auch kein Fall der unschädlichen falso demonstratio vor. Eine falsa demonstratio wäre nur dann zu berücksichtigen, wenn der wahre Sinn der Erklärung im Sinne der Beklagten feststellbar wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall, die Regelung in der Teilungserklärung sei eindeutig. Bei der Auslegung der Gemeinschaftsordnung sei auf den Wortlaut und Sinn abzustellen. Umstände außerhalb des Grundbuchs dürften nur dann herangezogen werden, wenn sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sein. Es sei daher vollkommen egal, was sich die Erklärenden bei der Abfassung der Teilungserklärung gedacht hätten oder was sie hätten erklären wollen. Es komme letztlich darauf an, was beurkundet worden sei.

Die Darlegungen zum Gutglaubensschutz könnten nicht überzeugen. Es komme ständig vor, dass in den Gemeinschaften entgegen den Vorgaben der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung abgerechnet werde. Insoweit sei auch unerheblich, was die ehemalige Miteigentümerin E1 mit der Klägerin im Vorfeld des Erwerbs erörtert habe. Die Klägerin habe, um Ärger zu vermeiden, und den akut vorhandenen Instandsetzungsstau beheben zu lassen, die Kosten zunächst getragen. Sie habe dann aber, als von ihr verlangt worden sei, auch sämtliche weiteren Reparaturkosten zu zahlen, auf die Regelung in der Teilungserklärung verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

Dass das angefochtene Urteil auf dem von den Beklagten gerügten Verfahrensfehler, fehlende Zustellung des Schriftsatzes vom 22.06.2020, beruhen könnte, haben die Beklagten nicht dargelegt, so dass sich dieser Verfahrensfehler nicht ausgewirkt hat. Im Übrigen hatten die Beklagten im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme.

Dem Feststellungsantrag der Klägerin hat das Amtsgericht zu Recht entsprochen, denn es geht in seiner Entscheidung zutreffend davon aus, dass die Klägerin als Eigentümerin der Sondereigentumseinheit Nr. 11 nach der Regelung in Ziff. 2.1.1. der Teilungserklärung vom 22.09.2016 (UR.Nr.### für 2016) nicht verpflichtet ist, über die allgemeinen Regelungen/sonstigen Bestimmungen der Teilungserklärung hinaus, die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung für die Dachflächen und Dachteile, die vor 2002 erstellt worden sind, allein zu tragen.

Die Auslegung der Bestimmung in Ziff. 2.1.1. Teilungserklärung neu durch das Amtsgericht ist nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind für die Auslegung der Teilungserklärung wegen ihrer Bedeutung für künftige Erwerber von Wohnungseigentum die für Grundbucheintragungen anzuwendenden Grundsätze maßgebend. Danach ist auf den Wortlaut und Sinn der Teilungserklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Urteil vom 10.11.2017 – V ZR 184/16 -; Urteil vom 22.03.2019 – V ZR 145/18-; Urteil vom 04.05.2018 – V ZR 163/17; alle zitiert nach juris). Darauf, was die handelnden Personen mit ihrer Erklärung beabsichtigt und bezweckt haben, kommt es bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht an, (vgl. LG München, Beschluss vom 13.12.2016 – 1 S 18801/16-, zitiert nach juris; BayObLG WuM 1996, 552).

Die Beklagten berufen sich daher ohne Erfolg darauf, dass die beteiligten Miteigentümer in der Urkunde zur Änderung der Teilungserklärung im Jahr 2016 tatsächlich hätten erklären wollen, das der jeweilige Eigentümer der Wohnung Nr. 11 die Kosten der Instandsetzung/Instandhaltung auch für die vor 2002 errichteten Dachaufbauten allein zu tragen habe. Zwar findet die Absicht der damaligen Miteigentümer, die Kostentragung für die Instandsetzung und Erneuerung der Dachausbauten einschließlich Verglasung (Dachgauben etc.) im Bereich der Einheit Nr. 11 ändern zu wollen, in der Vorbemerkung Ziff.1.1. der Urkunde vom 22.09.2016 Erwähnung, so dass es sich um einen Umstand handelt, der für jedermann – als Bestandteil der Änderungsurkunde - ohne weiteres erkennbar war und daher bei der Auslegung zu berücksichtigen ist. Aber selbst dann, wenn man wie die Beklagten davon ausgeht, dass mit der Formulierung „aller Dachaufbauten einschließlich Verglasung (Dachgauben etc.)“ auch die bereits vor dem Jahr 2002 erstellten Dachausbauten umfasst werden sollten, kann diesem Passus nicht entnommen werden, wie die Kostentragungspflicht für diese Bauteile aussehen sollte, so dass ihm für die Auslegung der Regelung in Ziff. 2.1.1 4. Absatz, die konkret regelt, dass es für die Dachflächen und Dachteile, die nicht zu den in § 5 Abs. 2 Teilungserklärung alt genannten Bauten und Ergänzungen gehören, die allgemeinen Regelungen der Teilungserklärung für die Instandhaltung und Instandsetzung sowie den damit verbundenen Kosten zur Anwendung gelangen, keine Bedeutung zukommt. Der Wortlaut der Regelung in Ziff. 2.1.1. 4. Absatz der Änderungsurkunde zur Teilungserklärung ist klar und eindeutig. Für die Anwendung des Grundsatzes „falsa demonstratio non nocet“ ist kein Raum. Die Entscheidung des OLG München – 34 WX 425/17-, auf die die Beklagten ihre Rechtsauffassung stützen, ist nicht einschlägig. In der Entscheidung des OLG München ging es um die falsche Bezeichnung eines Miteigentumsanteils und des Grundbuchblatts, die die richtige Zuordnung des Wohnungseigentums nicht hinderte, so dass der Eintragungsantrag wegen dieses Fehlers nicht zurückgewiesen werden durfte. Im vorliegenden Fall behaupten die Beklagten hingegen, dass der Erklärung in der Notarurkunde vom 22.09.2016 ein vom Wortlaut vollständig abweichender Erklärungsinhalt zukomme.

Ob die Beteiligten der Beurkundung vom 22.09.2016 die komplizierten, langen Sätze in Absatz 4 der Ziff. 2.1.1. der Teilungserklärung in ihrer Unklarheit nicht erkannt haben sollen, wie die Beklagten behaupten, ist für die Auslegung der Teilungserklärung ebenfalls ohne Relevanz. Wie bereits ausgeführt, sind Umstände außerhalb der Urkunde grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Ebenso wenig kommt es daher darauf an, ob die beabsichtigte Kostenregelung für die damalige Sondereigentümerin Frau E1 angemessen gewesen sei, da die frühere BGB-Gesellschaft die Kosten des werterhöhenden Umbauten getragen habe, denn auch dieser Umstand hat keine Erwähnung in der Urkunde gefunden. Schließlich ist auch das Vorbringen der Beklagten, dass mit dem Ausbaurecht lediglich die Erhöhung des Daches nicht aber die Erstellung einer weiteren Gaube vereinbart worden sei, so dass es in der Änderungsurkunde immer nur um die alten (vorhandenen Gauben) gegangen sei, für die Auslegung der Regelung in Ziff. 2.1.1. ohne Relevanz. Der Plan- Anlage B1 –, auf den sich die Beklagten beziehen, um darzulegen, dass die Erstellung neuer Gauben im Rahmen der Dacherhöhung keinen Sinn mache, ist nicht Bestandteil der Änderungsurkunde vom 22.09.2016 geworden, so dass er nicht berücksichtigen ist. Auch lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten der Regelung in Ziff. 2.1.1. 1. Absatz, in der der Umfang des Rechts zum Dachausbau durch Anhebung der Dachs festgelegt wird, nicht entnehmen, dass das Ausbaurecht die Erstellung neuer Dachgauben nicht umfasst.

Der Feststellungsantrag bezieht sich seinem Wortlaut nach allein darauf, die derzeitige Unsicherheit hinsichtlich der Verpflichtung der Klägerin zur Tragung von Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung der Dachaufbauten in ihrer Sondereigentumseinheit, soweit die Klägerin weder von ihrem Ausbaurecht gem. § 5 Abs. 2 Teilungserklärung (UR.Nr. #### für 2002) noch von ihrem Ausbaurecht gem. Ziff. 2.1.1 der Teilungserklärung (UR.Nr. ### für 2016) Gebrauch gemacht hat, zu klären. Entgegen der Auffassung der Beklagten schließt das Feststellungsbegehren, in dem ausdrücklich formuliert, dass eine Kostentragungspflicht über die allgemeinen Regelungen/sonstigen Bestimmungen der Teilungserklärung hinaus nicht bestehe, nicht aus, dass die Gemeinschaft in der Zukunft abweichende Regelungen dazu trifft, wie die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der Gauben und Dachfenster verteilt werden sollen.

Der ablehnende Beschluss zu TOP 6 ist weder nichtig, noch ist er für ungültig zu erklären.

Tatsächlich beinhaltet der Beschlussantrag keine Regelung zur Kostenlast für die Instandhaltung/Instandsetzung der Dachausbauten in der Einheit Nr. 11, sein Regelungsgehalt geht vielmehr dahin, im Beschlusswege eine aus Sicht der Klägerin zutreffende Auslegung der Teilungserklärung von Seiten der Miteigentümer anzuerkennen. Im Hinblick darauf, dass die Miteigentümer nicht dazu berufen sind, eine verbindliche Auslegung der Teilungserklärung zu beschließen, entspricht die Ablehnung des Beschlussantrages ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Nichtigkeit der Beschlussfassung zu TOP 7 hat das Amtsgericht zu Unrecht angenommen; der Beschluss widerspricht jedoch ordnungsgemäßer Verwaltung, so dass er für ungültig zu erklären ist.

Nach dem Wortlaut der Beschlussfassung soll Leistungsklage gegen die Klägerin erhoben werden, um die Erstattung eines Betrages von 4.168,56 €, die die Gemeinschaft für die Reparatur einer Gaube im Bereich des Sondereigentums der Klägerin aufgewandt hat, zu verlangen. Die Auferlegung einer originären Zahlungspflicht, für die die Beschlusskompetenz der Miteigentümer nicht gegeben ist, enthält der Beschluss daher nicht.

Es handelt sich vielmehr um einen sog. Vorbereitungsbeschluss, da sich sein Regelungsgehalt in der Vorbereitung eines gerichtlichen Verfahrens, in dessen Rahmen die Berechtigung des Anspruchs geprüft wird, erschöpft. Grundsätzlich ist das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines Vorbereitungsbeschluss zu verneinen. Ausnahmsweise ist das Rechtsschutzbedürfnis jedoch zu bejahen, wenn der geltend gemachte Anspruch offensichtlich nicht besteht (vgl. AG Bonn, ZMR 2019, 300). Dieser Fall liegt hier vor, denn nach der eindeutigen Fassung der Teilungserklärung aus dem Jahr 2016 ist die Klägerin nicht verpflichtet die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung der vor 2002 erstellten Dachaufbauten/Gauben zu tragen. Der Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von 4.168,59 € betrifft die Reparatur eines solchen Bauteils und ist daher nicht begründet. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Beschlussfassung – wie sich aus Protokollierung ergibt – darüber hinaus dazu dienen sollte, Schadensersatzforderungen der Gemeinschaft gegen den die Änderung der Teilungserklärung vom 22.09.2016 beurkundenden Notar Dr. C durchzusetzen. Auch dieses Ziel kann mit der Erhebung der Leistungsklage gegen die Klägerin und gleichzeitiger Streitverkündung gegen den Notar jedoch in keinem Fall erreicht werden, da für die Erhebung der Leistungsklage allein die Gemeinschaft aktivlegitimiert ist, hingegen ein möglicher Schaden wegen der behaupteten Fehler bei der Beurkundung der Änderung zur Teilungserklärung am 22.09.2016 allein den damals beteiligten Miteigentümern entstanden sein kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Abweisung der Klage in Bezug auf die Anfechtung zu TOP 6 stellt ein geringfügiges Unterliegen dar, denn die Klägerin obsiegt mit ihrem Feststellungsbegehren, das denselben Sachverhalt betrifft.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung noch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert: 13.000,00 €

Anfechtung zu TOP 6 und Feststellungsantrag betreffen denselben Streitgegenstand: 8.000,00 €

Anfechtung zu TOP 7: 5.000,00 €

Ihr Ansprechpartner

Peer Reitner - Rechtsanwalt Fachanwalt - REITNER KINSCHER Rechtsanwälte Fachanwälte Notar - Essen Kettwig

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Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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