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OLG Hamm: Urteil vom 21. März 2013 - 28 U 116/12

Rechtsgebiete: Allgemeines Zivilrecht

Verfahrensgang:
LG Bielefeld, Urteil vom 20.03.2012 - 6 O 657/11
Die Formulierung in KFZ Kaufverträgen "Der Käufer verpflichtet sich, die Ansprüche aus dem Kaufvertrag nicht abzutreten und das Fahrzeug nicht innerhalb von 4 Monaten ab Erhalt des Fahrzeugs weiter zu verkaufen, es sei denn , dass dieser Verkauf nicht zu kommerziellen Zwecken durchgeführt wird (siehe Ziffer I.2 der Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge.)" stellt keinen Verstoß gegen § 307 BGB dar und hält einer AGB Kontrolle stand.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.03.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten eine Vertragsstrafe für den nach ihrer Darstellung gewerbsmäßig erfolgten An- und Weiterverkauf eines Neufahrzeugs der Marke BMW.

Die Klägerin ist autorisierte Vertragshändlerin der BMW AG. Diese vertreibt die von ihr hergestellten Fahrzeuge über ein selektives Vertriebssystem im Inland durch eigene Verkaufsniederlassungen und autorisierte Vertragshändler. In den mit den Vertragshändlern abgeschlossenen Händlerverträgen findet sich unter Ziffer I.4. ein vertragsstrafenbewehrtes Verbot des Verkaufs an Wiederverkäufer und diesen gleichgestellte Vermittler.

Der Beklagte, als "Büro für Vermittlung, Automobile & Immobilien" firmierender eingetragener Kaufmann (e.K.), bestellte am 20. Mai 2010 bei der Klägerin ein Neufahrzeug der Marke BMW, Typ 740 d Limousine zum Preis von 64.725,63 € netto nach Abzug eines Nachlasses von 22,26% auf den Listenpreis incl. MWSt (Bl. 14 f GA).

In dem Bestellformular heißt es wörtlich :

" Der Käufer bestellt unter Anerkennung der ausgehändigten Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge mit Stand 1/2002 bei der o.g. Firma (Verkäufer) das nachstehend bezeichnete neue BMW Fahrzeug in serienmäßiger Ausstattung".

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Auf Seite 3 des Bestellformulars ist u.a. ausgeführt :

" Der Käufer verpflichtet sich, die Ansprüche aus dem Kaufvertrag nicht abzutreten und das Fahrzeug nicht innerhalb von 4 Monaten ab Erhalt des Fahrzeugs weiter zu verkaufen, es sei denn , dass dieser Verkauf nicht zu kommerziellen Zwecken durchgeführt wird (siehe Ziffer I.2 der Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge.)"

Die "Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge" waren dem Bestellformular für den Beklagten beigefügt und wurden von ihm gegengezeichnet. In ihnen ist in Ziffer I.2. Satz 1 die auf Seite 3 des Bestellformulars aufgeführte Verpflichtung des Käufers (s. oben) wiederholt. Weiter heißt es in Ziffer I.2. Satz 2:

" Wird das Fahrzeug entgegen der vorstehenden Regelung zu gewerblichen Zwecken oder an einen gewerblichen Wiederverkäufer verkauft, ist der Käufer dem Verkäufer zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 15 % des Nettokaufpreises verpflichtet"

Der Beklagte erhielt das Fahrzeug am 19. August 2010 und ließ es auf seinen Namen zu. Schon zuvor, am 17.08.2010, hatte er es an die Firma N GmbH zum Kaufpreis von 65.063,02 € zzgl. MWSt. verkauft und in Rechnung gestellt.

Am 25.08.2010 wurde das Fahrzeug wieder abgemeldet/außer Betrieb gesetzt. Es wurde letztlich nach N1 exportiert.

Mit Schreiben vom 28.6.2011 hat die Klägerin dem Beklagten wegen des ihrer Meinung nach vertragswidrigen Weiterverkaufs eine Vertragsstrafe von 11.553,53 € (= 15 % vom Bruttokaufpreis) berechnet und Zahlung bis zum 19.7.2011 gefordert.

Der Beklagte antwortete mit Email vom 30.06.2011, mit der er darauf verwies, dass ihn rein geschäftliche Gründe zu dem vorzeitigen Verkauf des BMW gezwungen hätten.

Mit Anwaltsschreiben vom 16.09.2011 wurde der Beklagte letztmalig zur Zahlung bis zum 24.09.11 aufgefordert - erfolglos.

Daraufhin hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie nunmehr die Vertragsstrafe von 15 % des Nettokaufpreises (= 9.708,84 €) vom Beklagten verlangt.

Sie hat vorgetragen :

Sie sei gegenüber der BMW AG, deren selektives Vertriebssystem seit etwa 30 Jahren europarechtlich zulässig sei, durch das von ihr gegebene Vertragsstrafenversprechen verpflichtet, Neufahrzeuge nicht an Wiederverkäufer oder diesen gleichgestellte Vermittler zu veräußern. Aufgrund dieser Verpflichtung der Händler sei eine entsprechende Verpflichtung des Käufers weltweit in die Formularverträge der autorisierten Händler aufgenommen. Die formularmäßige Vereinbarung solcher Abtretungs- und Weiterveräußerungsverbote sei nicht zu beanstanden.

Das selektive Vertriebssystem der BMW AG sei theoretisch lückenlos und damit wirksam; eine praktische Lückenlosigkeit sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung.

Der Beklagte habe das - schutzwürdige - selektive Vertriebssystem der BMW AG unterlaufen, indem er die Klägerin darüber getäuscht habe, dass er das Fahrzeug selber nutzen wolle. Tatsächlich habe er das Auto wettbewerbswidrig an einen Dritten weiterverkaufen wollen und auch tatsächlich verkauft.

Durch den aus rein kommerziellen Zwecken erfolgten Verkauf habe der Beklagte gegen Ziffer I.2. der Verkaufsbedingungen verstoßen. Soweit der Beklagte vorprozessual angegeben habe, er sei aus wirtschaftlicher Not zum Verkauf gezwungen gewesen, werde das mit Nichtwissen bestritten. Die Umstände sprächen gegen einen erzwungenen Verkauf. Der Beklagte, der nach seinem Firmenstempel gewerbsmäßig Autos vermittle, habe den BMW im Rahmen seines Gewerbes verkauft. Ob der Beklagte mit dem Verkauf - was im Übrigen bestritten werde - nur einen geringen Gewinn erzielt habe, sei unwesentlich. Jedenfalls habe er an einen gewerblichen Wiederverkäufer, die Firma T GmbH, die bei der BMW AG als nicht autorisierter Wiederverkäufer bekannt sei, verkauft und schon deshalb die Vertragsstrafe verwirkt.

Der Beklagte hat geltend gemacht:

Es könne dahinstehen, ob die Vertragsstrafenklausel wirksam bzw das Vertriebssystem der BMW AG zulässig sei.

Die Voraussetzungen für die Verwirkung der Vertragsstrafe seien nicht erfüllt, weil keine kommerzielle Weiterveräußerung vorliege.

Er habe das Fahrzeug nicht in der Absicht weiterverkauft, einen Gewinn zu erzielen sondern nur, weil bei ihm eine finanzielle Notlage eingetreten sei: Er sei nämlich gezwungen gewesen, zeitnah nach der Bestellung einen hohen Betrag aufzunehmen; das sei bei Bestellung des BMW noch nicht absehbar gewesen. Den Weiterverkauf habe er schon dann in die Wege geleitet. Deshalb sei es nach dem verzögerten Erhalt des Autos im August dann mit dem Verkauf auch so schnell gegangen.

Dass er nicht in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt habe, werde dadurch indiziert, dass er aus dem Weiterverkauf nur 334,39 € "Gewinn" erhalten habe. Er habe nur so schnell wie möglich die durch die Rechnung der Klägerin ausgelöste finanzielle Belastung decken wollen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage überwiegend stattgegeben und das wie folgt begründet :

Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe aus §§ 339,340 BGB. Es liege eine wirksame Vereinbarung über ein Strafversprechen vor.

Die in Ziffer I.2. der Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltende Regelung halte der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff BGB stand. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die auf den Schutz des Verbrauchers zugeschnittene Regelung nicht auf den Rechtsverkehr zwischen Unternehmen übertragen werden könne; außerdem lägen die Voraussetzungen von § 309 Nr. 6 BGB auch nicht vor.

Der Beklagte werde durch die Klausel in Ziffer I.2. der Vertragsbedingungen auch nicht unangemessen benachteiligt . Mit dem Weiterveräußerungsverbot verfolge der Händler nicht nur eigene schutzwürdige Interessen - wie das des Schutzes der wettbewerbsrechtlich zulässigen Vertriebsbindungen - sondern auch das Ziel des Schutzes vor Spekulationsgeschäften mit BMW Fahrzeugen. Durch einen ungeregelten An- und Verkauf von Neufahrzeugen könnten außerhalb der Vertriebsorganisation stehende Händler, die nicht den Bindungen an den Hersteller unterlägen, Marktchancen wahrnehmen und Vorteile nutzen, die dem Vertragshändler im Interesse der Gleichbehandlung aller Kunden verwehrt seien. Diesen konkreten Händlerinteressen stehe das lediglich abstrakte Käuferinteresse des Beklagten gegenüber. Das werde durch eine Beschränkung der Weiterverkaufsmöglichkeit innerhalb von 4 Monate nicht unangemessen benachteiligt.

Der Beklagte habe die Vertragsstrafe auch verwirkt, indem er das Auto innerhalb der Frist von 4 Monaten an einen gewerblichen Wiederverkäufer weiterverkauft und zudem zu gewerblichen Zwecken gehandelt habe. Eine Herabsetzung der Strafe gemäß § 341 BGB komme mangels Antrags des Beklagten nicht in Betracht.

Der Klägerin stehe außerdem der von ihr beantragte (Neben-)Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 77,64 € aus Verzugsgesichtspunkten zu.

Gegen die Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt und hilfsweise die Herabsetzung der Vertragsstrafe beantragt. Er macht ergänzend geltend :

Der Vertragsstrafenanspruch sei verjährt. Die Klägerin habe vor dem 28.6.2011 Kenntnis von dem angeblichen Graumarktgeschäft erhalten, die Klage aber erst nach Ablauf von 6 Monaten eingereicht.

Das Landgericht habe verkannt, dass die BMW AG sich nicht auf die Gruppenfreistellungsverordnung 1400/2002 berufen könne und aus dieser keine Rechte gegenüber Verbrauchern hergeleitet werden könnten. Zur Konformität des Vertriebssystems der BMW AG mit dem Europäischen Kartellrecht fehlten Ausführungen; es sei im Urteil auch unberücksichtigt geblieben, dass es an der theoretischen wie praktischen Lückenlosigkeit des BMW Vertriebssystems fehle. Mit der Vertragsstrafe werde verlangt, was die BMW AG selber nicht einhalte; das sei ein widersprüchliches Verhalten.

Das Landgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen habe, ob ein quantitatives oder qualitatives selektives Vertriebssystem vorliege. Es habe auch übersehen, dass die Graumarktklausel in allen BMW-Händlerverträgen verwendet werde, wodurch gegen Wettbewerbsrecht verstoßen werde.

Zu Unrecht habe das Landgericht außerdem angenommen, der Beklagte habe in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt, ohne Beweisaufnahme hätte das nicht unterstellt werden dürfen.

Letztlich sei die Klausel in Ziffer I.2. der Verkaufsbedingungen zu weit gefasst. Sie sei unwirksam, weil ihr nicht zu entnehmen sei, ob sie im unternehmerischen Geschäftsverkehr gelte oder auch im Verhältnis zum Verbraucher. Auch sei sie unwirksam, weil sie den Eindruck erwecke, dass sie kein Verschulden voraussetze; so werde dem Schuldner die Möglichkeit der Exkulpation genommen.

Zudem sei die Vertragsstrafe unangemessen hoch; sie dürfe maximal 5 % der Auftragssumme betragen.

Das Landgericht habe daneben verkannt, dass die Vertragsstrafe nach § 343 BGB angemessen herabgesetzt werden könne; hierzu bedürfe es keines ausdrücklichen Antrags, sondern ein konkludenter Antrag reiche. Der sei hier anzunehmen gewesen.

Der Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen

2. hilfsweise : unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Vertragsstrafe angemessen herabzusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen.

Der Senat hat die Beteiligten im Termin am 14.02.2013 persönlich angehört; auf den Inhalt des Berichterstattervermerks zum Termin wird Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die Klägerin kann von dem Beklagten die Zahlung von 9.708,84 € aus § 339 Satz 2 BGB i.V.m. Ziffer I.2. der "Verkaufsbedingungen" der Klägerin für neue Fahrzeuge verlangen.

1.

Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) über den streitgegenständlichen Neuwagen der Marke BMW, Typ 740 d zum Kaufpreis von 64.725,63 € netto zu Stande gekommen; dass die Klägerin die vom Beklagten am 20. Mai 2010 unterzeichnete verbindliche Neuwagenbestellung angenommen hat, steht zwischen den Parteien nicht in Streit.

2.

Bestandteil des Vertrages sind die "Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge, Stand 1/2002 " der Klägerin geworden. Dabei handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB, die dem Beklagten vor Vertragsschluss ausgehändigt und von ihm gegengezeichnet worden sind und die damit gemäß § 305 Abs. 2 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind. Anhaltspunkte, die gegen eine wirksame Einbeziehung der Geschäftsbedingungen sprechen, sind weder ersichtlich, noch von dem Beklagten mit Substanz vorgetragen.

3.

Der Beklagte hat gegen die in Ziffer I.2, Satz 1 der "Verkaufsbedingungen" geregelte und als erzwingbare Hauptverbindlichkeit im Sinne von § 339 BGB zu wertende viermonatige Haltefristvereinbarung verstoßen und damit die in Ziffer I.2. Satz 2 der "Verkaufsbedingungen" vereinbarte Vertragsstrafe von 15 % des Nettokaufpreises (= 9.708,84 €) verwirkt.

a.

Die Veräußerung des BMW durch den Beklagten erfolgte vor Ablauf der in Ziffer I.2. Satz 1 der "Verkaufsbedingungen" vereinbarten Haltefrist von 4 Monaten an die Firma N GmbH und damit unstreitig an einen gewerblichen Widerverkäufer. Nach der eindeutigen Bestimmung in Ziffer I. 2., Satz 2, 2. Alternative der "Verkaufsbedingungen" ist damit die Vertragsstrafe verwirkt. Darauf, ob der Beklagte mit der Veräußerung einen maßgeblichen Gewinn erzielt hat, kommt es nicht an. Ohne Belang ist auch, aus welchen Motiven heraus er handelte. Zu beiden Punkten ist eine Beweisaufnahme deshalb nicht erforderlich.

Weil der Beklagte ausweislich des Kaufvertrages mit der Firma T GmbH vom 17.08.2010 den BMW unter seiner Firma und damit als Unternehmer (§ 14 BGB) verkauft hat, greift im Übrigen die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB, wonach das Verkaufsgeschäft dem Betrieb seines Handelsgewerbes zuzuordnen ist. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt. Mit ihrem Eingreifen ist zugleich ohne weiteres die Voraussetzung des "Weiterverkaufs zu gewerblichen Zwecken" (Ziffer I.2, Satz 2. 1. Alternative der "Verkaufsbedingungen") erfüllt. Auch insoweit ist die Vertragsstrafe mithin verwirkt.

b.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das in den "Verkaufsbedingungen" der Klägerin unter Ziffer I.2 vorgesehene strafbewehrte Veräußerungsverbot, mit dem der Beklagte sich verpflichtete, die Ansprüche aus dem Kaufvertrag weder abzutreten, noch das Fahrzeug innerhalb von 4 Monaten ab Erhalt zu kommerziellen Zwecken weiterzuverkaufen, nicht wegen Verstoßes gegen die Regelung in § 307 BGB - die Prüfungsmaßstab ist, weil der Beklagte auch bei dem Vertragsschluss mit der Klägerin als eingetragener Kaufmann und Unternehmer (§ 14 BGB) aufgetreten ist (hierzu Palandt: BGB, 71. Auflage 2012, Rn. 38 zu § 317 BGB (Grüneberg)) - unwirksam.

Der Beklagte wird durch die streitgegenständliche Bestimmung in den "Verkaufsbedingungen" der Klägerin nicht unangemessen benachteiligt.

aa.

Die in Streit stehende Bestimmung benachteiligt den Beklagten insbesondere nicht deshalb unangemessen, weil mit ihr die freie Verfügungsbefugnis des Beklagten und damit der Grundsatz der Vertragsfreiheit für eine gewisse Zeit beeinträchtigt wird. Auch wenn derartige Verfügungsunterlassungsverträge in AGB dem Leitbild des auf unbeschränkte Rechtsverschaffung gerichteten Kaufvertrages widersprechen, sind sie dann nämlich nicht zu beanstanden, wenn sie durch überwiegende berechtigte Interessen des Verwenders ausnahmsweise gerechtfertigt sind (BGH in NJW 1981,117 und in NJW 1982,178; OLG Hamburg in NJW-RR 2002,1428).

Diese Konstellation ist hier gegeben.

aaa.

Nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) würde ein die beteiligten Vertragshändler gegenüber ihren KFZ-Herstellern bindendes Vertragshändlersystem wie das der BMW-AG gefährdet, wenn am Vertriebssystem nicht beteiligte Händler aufgekaufte Neuwagen zu anderen Konditionen - etwa mit schnellerer Lieferzeit, zu niedrigeren oder höheren Preisen - als die Vertragshändler dem Endverbraucher anbieten könnten. Das zu verhindern und allen Neuwagenkunden eine weitgehend zeitliche und finanzielle Gleichbehandlung zu ermöglichen, ist ein gewichtiges schützenswertes Interesse des Herstellers wie auch des am Vertriebssystem beteiligten Händlers (BGH, a.a.O.), der seinerseits gegenüber dem Hersteller zur Einhaltung des Vertriebssystems verpflichtet ist und dem bei Zuwiderhandlung - wie hier der Klägerin - selber die Verhängung einer Vertragsstrafe droht.

bbb.

Das schützenswerte Interesse des Herstellers wie des Vertragshändlers an der Einhaltung des Weiterveräußerungsverbotes entfällt auch nicht deshalb, weil - wie der Beklagte erstmals in zweiter Instanz vorträgt- das Vertriebssystem der BMW AG mit europäischem (Kartell)Recht nicht konform geht.

Denn Art 4 Abs. 1 b) iii) der bis zum 31.05.2010 in Kraft gewesenen und damit für die am 20.05.2010 unterzeichnete Fahrzeugbestellung des Beklagten einschlägigen, die Organisation des Kfz-Absatzes innerhalb der Europäischen Union regelnden EGVO 1400/2002 stellt Beschränkungen beim Verkauf neuer Kraftfahrzeuge an nicht zugelassene Händler, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems in Märkten mit selektivem Vertrieb auferlegt werden, vom Verbot des Art 81 EGV / Art 101 AEUV frei.

Dass die BMW- AG ein selektives Vertriebssystem unterhält, ist von der Klägerin in erster Instanz unter Darlegung im Einzelnen insbesondere zur gedanklichen/theoretischen Lückenlosigkeit des Systems vorgetragen worden. Dem ist der Beklagte vor dem Landgericht nicht entgegengetreten. Die vom Landgericht unter Zugrundelegung des Klägervortrages getroffene Feststellung, die Vertriebsbindungen seien "wettbewerbsrechtlich zulässig" und ihr Schutz begründe ein berechtigtes Interesse der BMW AG an dem Weiterveräußerungsverbot (Seite 5 des Urteils), ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der vom Landgericht festgestellten "wettbewerbsrechtlich zulässigen Vertriebsbindung" im Vertriebssystem sind weder ersichtlich, noch vom Beklagten vorgetragen. Soweit er erstmals vor dem Senat in Frage gestellt hat, dass das Vertriebssystem der BMW AG eine theoretische wie praktische Lückenlosigkeit aufweise und er deshalb und unter Voranstellung weiterer Schlagworte meint, das Vertriebssystem der BMW AG sei europa- wie auch wettbewerbsrechtlich unzulässig, ist sein - in tatsächlicher Hinsicht außerdem ohne Substanz gebliebener - Sachvortrag neu und deshalb gemäß §§ 529, 531 ZPO nicht zuzulassen.

ccc.

Dem schützenswerten Interesse des KFZ- Herstellers wie der am Vertriebssystem beteiligten Vertragshändler an dem Weiterveräußerungsverbot steht auf Seiten des Käufers in aller Regel nur das abstrakte Interesse gegenüber, den erworbenen Pkw an jeden Beliebigen jederzeit - also auch in den ersten Monaten nach dem Erwerb - mit oder ohne Gewinn veräußern zu können (BGH, a.a.O., OLG Köln in NJW-RR 1993,824). Dieses Interesse wird durch die hier streitgegenständliche Regelung in Ziffer I.2, Satz 1 und 2 der "Verkaufsbedingungen" der Klägerin aber nicht in einem Maße berührt, dass sie als unangemessen im Sinne von § 307 BGB anzusehen ist.

Der Verkauf des Fahrzeugs wird mit der Bestimmung nicht gänzlich untersagt.

Dem Käufer bleibt es vielmehr unbenommen, das Fahrzeug auch innerhalb der ersten vier Monate nach Erwerb zu verkaufen, wenn er etwa - wie vom Beklagten beispielhaft herausgestellt - in eine finanzielle oder sonstige Notlage geraten ist. Der Käufer darf den Verkauf nur nicht dazu nutzen, einen Gewinn zu erzielen - jedenfalls nicht innerhalb der verhältnismäßig geringen Zeitspanne von vier Monaten ab Erhalt des Neufahrzeugs. Und er darf nicht unter Umgehung des Vertragshändlersystems an einen gewerblichen, am Vertriebssystem des Herstellers nicht beteiligten Wiederverkäufer veräußern. Beide lediglich den Weiterverkauf betreffende und dem legitimen Interesse des Händlers/Herstellers an der Verhinderung von Graumarkt- sowie Spekulationsgeschäften dienende Beschränkungen sind angesichts des Umstands, dass typischerweise Kraftfahrzeuge vom Endverbraucher zum eigenen Gebrauch und nicht zur Weiterveräußerung erworben werden, nicht von vorne herein unangemessen (BGH in NJW 1982, 178).

Der Beklagte hat auch nichts vorgetragen, dass die Annahme rechtfertigen könnte, er sei durch die Regelung in Ziffer I.2. der AGB der Klägerin im konkreten Streitfall unangemessen benachteiligt worden. Insbesondere hat er nicht darlegen können, dass es ihm nicht möglich gewesen sein soll, den BMW an einen privaten Käufer zu gleichen Konditionen zu veräußern. Nach seiner Darstellung vor dem Senat hat er nicht einmal versucht, den BMW auf diesem Wege zu verkaufen, obwohl er als "Büro für Vermittlung; Automobile und Immobilien" firmiert und auf seiner Internetseite damit wirbt, langjährige Erfahrung im Verkauf von Automobilen " im Premiumsegment" zu haben und Kunden beim Neu- und Gebrauchtwagenkauf zu betreuen.

Dem Vortrag des Beklagten lässt sich ferner nicht entnehmen, dass es ihm zum Nachteil gereicht hätte, die in den Verkaufsbedingungen vorgesehene Haltefrist von 4 Monaten ab dem 19.08.2010 einzuhalten und im Anschluss den BMW erst - an jeden beliebigen Käufer und angesichts des dem Beklagten eingeräumten Rabatt auf den Bruttolistenpreis von fast 22.000 € auch mit Gewinn - weiter zu veräußern.

bb.

Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich ferner nicht daraus, dass die Haltefristvereinbarung und das damit verbundene strafbewehrte Veräußerungsverbot unklar gefasst ist und damit gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) verstößt.

Unabhängig davon, dass auch dieser vom Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag neu ist (§§ 529,531 ZPO), verhilft er in der Sache der Rechtsverteidigung des Beklagten nicht zum Erfolg.

aaa.

Dass in der streitbefangenen Klausel der "Verkaufsbedingungen" nicht zwischen unternehmerischem und privatem Geschäftsverkehr unterschieden wird, wie der Beklagte rügt, macht sie nicht unklar. Die fehlende Differenzierung zwischen Verbrauchern und Unternehmern kann dann zur Intransparenz einer AGB-Klausel führen, wenn ein durchschnittlicher Verbraucher nicht erkennen kann, dass die auch ihn betreffenden AGB wegen anderweitiger vorrangiger Verbraucherschutzvorschriften (beispielsweise §§ 474 ff BGB) nicht greifen. Solche Verbraucherschutzvorschriften sind im Streitfall nicht betroffen. Insbesondere wird das strafbewehrte Veräußerungsverbot in Ziffer I.2. der "Verkaufsbedingungen" nicht in der den Verbraucher schützenden Regelung in § 309 Nr. 6 BGB erfasst.

bbb.

Auch der vom Beklagten erhobene Vorwurf, Ziffer I.2. der "Verkaufsbedingungen" sei unklar, weil mit der gewählten Formulierung der Eindruck erweckt werde, es sei kein schuldhaftes Handeln vorausgesetzt, greift nicht.

Der Wortlaut der Regelung in Ziffer I.2.2 der "Verkaufsbedingungen (" Wird das Fahrzeug entgegen der vorstehenden Regelung ... verkauft, ist der Käufer zur Zahlung ... verpflichtet) " folgt dem Wortlaut des § 339 Satz 2 BGB (" Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit Zuwiderhandlung ein"). Für § 339 Satz 2 BGB ist anerkannt, dass unabhängig vom Wortlaut die Verwirkung der Vertragsstrafe Verschulden voraussetzt (zB BGH in NJW 1972,1893).

Für die dem Gesetzeswortlaut folgende AGB-Klausel gilt nichts anderes.

cc.

Eine unangemessene Benachteiligung des Käufers liegt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht in der Höhe der Vertragsstrafe (15 % des Nettokaufpreises) begründet.

Anders als in den vom Beklagten in diesem Zusammenhang bemühten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, in denen - im Zusammenhang mit Werkverträgen - Vertragsstrafen von 5 % der Auftragssumme als unangemessen hoch angesehen wurden, steht im Streitfall die Sanktion nicht außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner. Denn im Rahmen der Angemessenheitsprüfung muss berücksichtigt werden, dass die Vertragsstrafe für den Vertragshändler/Hersteller das einzige zur Verfügung stehende Druckmittel darstellt, mit dem die Kunden zur Wahrung der Haltefrist angehalten werden können. Gerade bei kaufkräftiger Kundschaft besteht die Gefahr, dass eine zu gering bemessene Vertragsstrafe angesichts des zu erwartenden Gewinns im Wiederverkaufsfall einkalkuliert und in Kauf genommen wird.

Angesichts dessen ist der Ansatz einer Vertragsstrafe in Höhe von 15 % des Nettokaufpreises nicht als unangemessen hoch anzusehen.

4.

Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Geltendmachung der Vertragsstrafe durch die Klägerin sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil die BMW AG - so die Darstellung des Beklagten - ihr eigenes Vertriebssystem "konterkariere".

Abgesehen davon, dass auch dieser erstmals in zweiter Instanz gehaltene und bestrittene Vortrag gemäß §§ 529,531 ZPO neu und mangels Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen nach § 531 Abs. 2 ZPO schon deshalb nicht berücksichtigungsfähig ist, erschöpft er sich in der Sache in der pauschalen - durch keinerlei konkrete Tatsachengrundlage unterlegten - Behauptung eines durch eigene Niederlassungen der BMW AG erfolgenden Verkaufs von Pkw mit Tageszulassung/geringer Laufleistung an Wiederverkäufer und ist so wegen ungenügender Substantiierung einer Beweiserhebung nicht zugänglich.

5.

Der Anspruch der Klägerin aus § 339 BGB ist auch nicht verjährt.

Als vertraglicher Anspruch verjährt er gemäß § 195 BGB innerhalb von 3 Jahren (jurisPK UWG, 3. Auflage 2013, Rn. 14 zu § 11 UWG (Ernst) m.w.N.); die Verjährungsfrist begann gemäß § 199 BGB Anfang 2011 zu laufen und war bei Klageerhebung im Dezember 2011 nicht verstrichen.

II.

Der Hilfsantrag des Beklagten auf Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB scheitert an § 348 HGB. Der Beklagte ist Kaufmann; § 343 BGB gilt für Kaufleute nicht (Palandt, a.a.O., Rn. 8 zu § 343 BGB (Grüneberg)).

Auch eine im Rechtsverkehr unter Kaufleuten in Ausnahmefällen in Betracht kommende Herabsetzung der vereinbarten Vertragsstrafe aus dem Rechtsgedanken des § 242 BGB (vgl. Palandt, aaO., Rn. 8 zu § 343 BGB (Grüneberg)) scheidet im Streitfall aus, da der insoweit darlegungspflichtige Beklagte keine Umstände aufzeigt, die zu der Einschätzung führen könnten, die von ihm geforderte Vertragsstrafe verstoße im Streitfall gegen Treu und Glauben.

III.

Der Klägerin steht neben dem Hauptanspruch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286 Abs. 1, 288 BGB) sowohl ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.07.2011 zu sowie ein Anspruch auf Freistellung der ihr gegenüber geltend gemachten Anwaltskosten zu.

Insoweit greift die Berufung das Urteil des Landgerichts nicht an.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlass.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 ZPO).

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Peer Reitner

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