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BGH: Urteil vom 11. Juni 2021 - V ZR 41/19

Rechtsgebiet: Wohnungseigentumsrecht

Verfahrensgang:
AG Hamburg-Blankenese, 12.07.2017 - 539 C 42/16
LG Hamburg, 30.01.2019 - 318 S 88/17
BGH, 07.05.2020 - V ZR 41/19

Leitsätze

a) Nach der zum 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes kann ein Wohnungseigentümer Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche gemäß § 1004 BGB und § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, die auf die Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums gerichtet sind, weiterhin auch dann selbst geltend machen, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von den Störungen betroffen ist; die alleinige Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 2 WEG bezieht sich auf die Abwehr von Störungen des Gemeinschaftseigentums.

b) Das Recht des Wohnungseigentümers, Störungen abzuwehren, die sowohl den räumlichen Bereich seines Sondereigentums als auch das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigen, beschränkt sich auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche; nur unter den Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 WEG kann ein einzelner Wohnungseigentümer Ausgleich in Geld verlangen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 18 - vom 30. Januar 2019 wird auf Kosten des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Tochter des Klägers und der Beklagte sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Dem Kläger ist der Nießbrauch an dem Wohnungseigentum seiner Tochter eingeräumt. Nach der Teilungserklärung aus dem Jahr 1973 soll das Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus sowie einem Einzelhaus bebaut werden. In der Teilungserklärung heißt es, dass der zu der Einheit Nr. 10 gehörende Miteigentumsanteil verbunden sei "mit dem Sondereigentum an den Räumen im Einzelhaus, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad mit WC, Diele, Terrasse, mit einer Wohnfläche von ca. 90 qm sowie vier Hobby- bzw. Kellerräumen im Keller des Einzelhauses". Ausweislich der dem Aufteilungsplan beigefügten Bauzeichnung darf das Einzelhaus (Einheit Nr. 10) eine Höhe von 56,40 Metern über N.N. nicht überschreiten. Gebaut wurde zunächst nur das Mehrfamilienhaus. Nachdem der Beklagte die Einheit Nr. 10 erworben hatte, errichtete er im Jahr 2012 das Einzelhaus auf der Grundlage einer Baugenehmigung; ein zuvor angestrebtes Bauvorhaben seines Rechtsvorgängers war an der fehlenden Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer gescheitert (OLG Hamburg, ZWE 2002, 592 ff.).

Gestützt auf den Vortrag, das nunmehr errichtete Einzelhaus widerspreche in Geschosszahl und Gebäudehöhe den Vorgaben der Teilungserklärung und des Aufteilungsplans, und infolgedessen sei der Ausblick aus der Wohnung seiner Tochter auf die Elbe verbaut worden, verlangt der Kläger in Prozessstandschaft für seine Tochter Schadensersatz in Höhe der behaupteten Verkehrswertminderung von 55.000 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in ZfIR 2020, 581 veröffentlicht ist, verneint einen Schadensersatzanspruch der Tochter des Klägers. Dabei könne dahinstehen, ob der Beklagte bei Errichtung des Gebäudes die Vorgaben der Teilungserklärung und des Aufteilungsplans hinsichtlich der Geschosszahl eingehalten habe. Denn die Beeinträchtigung des Ausblicks aus der Wohnung der Tochter des Klägers werde nicht durch die Zahl der Geschosse, sondern allein durch die Gebäudehöhe verursacht. Insoweit habe sich der Beklagte jedoch an die Bauvorgaben gehalten. Dass die nach dem Aufteilungsplan erlaubte Maximalhöhe des zu errichtenden Einzelhauses von 56,40 Metern über N.N. überschritten werde, behaupte der Kläger nämlich selbst nicht. Infolgedessen fehle es jedenfalls an der Kausalität zwischen dem Schaden und einer Pflichtverletzung des Beklagten.

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II.

Die Revision ist unbegründet. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob dem Berufungsgericht bei seiner Annahme, das von dem Beklagten errichtete Einzelhaus halte die vorgesehene Gebäudehöhe ein, der von der Revision gerügte Verfahrensfehler unterlaufen ist. Denn auch dann, wenn als richtig unterstellt wird, dass - wie es der Kläger geltend macht - das Einzelhaus höher gebaut worden ist als nach dem Aufteilungsplan erlaubt, kann die Klage keinen Erfolg haben, weil sie bereits unzulässig ist. Ob das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse an der Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen gegeben wäre, wenn ein Nießbraucher - wie hier - einen Zahlungsanspruch des Wohnungseigentümers verfolgt, kann ebenfalls offen bleiben (vgl. zur gewillkürten Prozessstandschaft eines Nießbrauchers bei der Beschlussanfechtungsklage Senat, Urteil vom 27. November 2020 - V ZR 71/20, WuM 2021, 268 Rn. 10). Denn die Zulässigkeit der Klage setzt jedenfalls voraus, dass die Wohnungseigentümerin, deren Rechte der Kläger als Prozessstandschafter wahrnimmt, ihrerseits prozessführungsbefugt wäre. Daran fehlt es im Hinblick auf Zahlungsansprüche, die aus einer planwidrigen Errichtung des Einzelhauses hergeleitet werden, weil nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer solche Rechte ausüben könnte.

1. Das gilt zunächst, soweit sich der Kläger auf die Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums stützt, die durch die planwidrige Errichtung des Einzelhauses auf dem gemeinschaftlichen Grundstück durch den Beklagten entstanden sein soll.

a) Nach der nunmehr anwendbaren Vorschrift des § 9a Abs. 2 WEG in der seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte aus. Dazu gehören insbesondere Ansprüche aus § 1004 BGB wegen einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. BT-Drucks. 19/18791, S. 46) und infolgedessen auch etwaige daran anknüpfende Sekundäransprüche, wie sie der Kläger geltend macht. Die Neufassung des § 9a Abs. 2 WEG ist auch im Revisionsverfahren zu beachten (vgl. Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, juris Rn. 6).

b) Allerdings hat der Senat im Hinblick auf das Übergangsrecht entschieden, dass in den vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren eine bestehende Prozessführungsbefugnis eines einzelnen Wohnungseigentümers über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG fortgelten kann (näher Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, juris Rn. 12 ff.). Hier kommt das aber von vornherein nicht in Betracht, weil auch nach dem Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung die Prozessführungsbefugnis einer einzelnen Wohnungseigentümerin wie der Tochter des Klägers für den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch zu verneinen gewesen wäre.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats bestand eine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF für Ansprüche aus dem Miteigentum an dem Grundstück, wenn diese auf Schadensersatz gerichtet waren, nicht aber für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche. Deshalb konnten Schadensersatzansprüche von vornherein nur durch den Verband geltend gemacht werden. Dagegen konnte die Wohnungseigentümergemeinschaft Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums gemäß § 1004 Abs. 1 BGB (oder § 15 Abs. 3 WEG aF) nur dann durchsetzen, wenn sie diese durch Mehrheitsbeschluss gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aF an sich gezogen hatte (gekorene Ausübungsbefugnis). Weil Beseitigungsansprüche bei einer Störung des gemeinschaftlichen Eigentums einschließlich der Wiederherstellung des vorherigen Zustands sowohl auf § 1004 BGB als auch auf einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch gestützt werden können, hat der Senat angenommen, dass insoweit ausnahmsweise auch für Schadensersatzansprüche (nur) eine gekorene Ausübungsbefugnis gegeben ist (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 26. Oktober 2018 - V ZR 328/17, NJW 2019, 1216 Rn. 6 ff.). Dies bezog sich aber allein auf solche Ansprüche, die auf Störungsbeseitigung und Wiederherstellung des vorherigen Zustands gerichtet sind, um der in diesem Bereich bestehenden Anspruchskonkurrenz Rechnung zu tragen (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 2018 - V ZR 328/17, aaO Rn. 7, 10 ff.).

bb) Der Kläger hingegen will gerade nicht die Störungsbeseitigung, sondern eine finanzielle Kompensation für die mit der Störung einhergehende Verkehrswertminderung des Wohnungseigentums erstreiten.

(1) Die Revision geht davon aus, dass die Vorschrift des § 281 BGB auf den Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB entsprechend angewendet werden kann, so dass nach erfolgloser Fristsetzung Schadensersatz wegen Nichterfüllung beansprucht werden kann. Ob das zutrifft, hält der Senat schon im Hinblick darauf für zweifelhaft, dass der untrennbar mit dem Eigentum verbundene Beseitigungsanspruch nicht, wie es § 281 Abs. 4 BGB vorsieht, dauerhaft ausgeschlossen werden könnte. Dürfte der Eigentümer Schadensersatz verlangen, ohne dass die Störung anschließend beseitigt wird, müsste jedenfalls sein Rechtsnachfolger die Störung nicht dulden, sondern könnte von dem Störer wiederum Beseitigung verlangen (so etwa Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1004 Rn. 419; BeckOGK/Spohnheimer, BGB [1.5.2021], § 1004 Rn. 55; zur Gegenauffassung OLG Karlsruhe, NZM 2012, 479 Rn. 26 ff.; Bezzenberger, JZ 2005, 373, 376 f.; allgemein Hofmann, ZfIR 2020, 583 f.). Denn die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Eigentümer und dem Störer erstrecken sich grundsätzlich nicht auf den Rechtsnachfolger des Eigentümers, wenn eine dingliche Belastung des Grundstücks unterbleibt (vgl. Senat, Urteil vom 29. Februar 2008 - V ZR 31/07, NZM 2008, 418 Rn. 7 mwN).

(2) Einer abschließenden Entscheidung bedarf es jedoch nicht. Selbst wenn nämlich die Rechtsansicht des Klägers richtig und § 281 BGB anwendbar wäre, hätte auch nach dem vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Recht allein der Verband das Recht, Schadensersatz statt der Beseitigung zu verlangen, ausüben können. Wie allgemein bei auf Zahlung gerichteten Schadensersatzansprüchen hätte eine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF bestanden, weil im Interesse einer geordneten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums ein gemeinschaftliches Vorgehen erforderlich gewesen wäre (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 9 f.). Ohnehin ist ungeklärt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Verband (etwa im Vergleichswege) gegen eine finanzielle Kompensation davon absehen dürfte, die Beseitigung einer unzulässigen baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums durchzusetzen (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 2018 - V ZR 328/17, NJW 2019, 1216 Rn. 16). Jedenfalls könnte nicht ein einzelner Wohnungseigentümer, sondern nur der Verband die Entscheidung treffen, sich mit einer Entschädigung zu begnügen. Denn der Störer würde divergierenden Ansprüchen ausgesetzt, wenn ein Wohnungseigentümer Beseitigung, ein anderer hingegen Schadensersatz verlangen könnte. Der Einwand der Revision, dass der Ausblick der anderen Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt werde, ist in diesem Zusammenhang unerheblich; sollte nämlich der Beklagte das Einzelhaus unter Missachtung der Vorgaben des Aufteilungsplans errichtet haben, läge allein darin eine Beeinträchtigung des Eigentums der übrigen Wohnungseigentümer. Folglich stünde jedem anderen Wohnungseigentümer ein Beseitigungsanspruch zu, und jedenfalls der Übergang zu etwaigen Sekundäransprüchen hätte auch in Anwendung von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF nur gemeinschaftlich erfolgen können.

2. Auch aus einer Beeinträchtigung des Sondereigentums kann die Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümerin, auf die sich der Kläger als gewillkürter Prozessstandschafter stützen könnte, nicht hergeleitet werden.

a) Allerdings kann ein Wohnungseigentümer insoweit prozessführungsbefugt sein, als seine Klage auf eine Störung im räumlichen Bereich des Sondereigentums gestützt wird. Ansprüche dieser Art konnte der einzelne Wohnungseigentümer nach dem Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung selbst geltend machen, und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer konnte sie nicht durch Beschluss an sich ziehen (vgl. zu Lärm und Gerüchen Senat, Urteil vom 24. Januar 2020 - V ZR 295/16, ZWE 2020, 344 Rn. 18). Nach der zum 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes kann ein Wohnungseigentümer Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche gemäß § 1004 und § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG BGB, die auf die Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums gerichtet sind, weiterhin auch dann selbst geltend machen, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von den Störungen betroffen ist (vgl. BT-Drucks. 19/18791, S. 53 zu § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9a Rn. 94; MüKoBGB/Scheller, 8. Aufl., § 14 WEG Rn. 37; BeckOGK/Falkner, WEG [1.12.2020], § 9a Rn. 131; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021 Kap. 3 Rn. 161; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1431a); die alleinige Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 2 WEG bezieht sich auf die Abwehr von Störungen des Gemeinschaftseigentums. Daneben kann ein Wohnungseigentümer unter den Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 WEG Ausgleich in Geld verlangen. Ein solcher Ausgleichsanspruch ist allerdings nicht Gegenstand der Klage, denn er setzt voraus, dass eine unzumutbare Einwirkung nicht abgewehrt werden kann, sondern geduldet werden muss; der Kläger nimmt die Störung jedoch bewusst hin und verlangt daher Schadensersatz statt der Beseitigung gemäß den §§ 280, 281 BGB.

b) Jedenfalls im Hinblick auf den allein geltend gemachten Zahlungsanspruch gemäß §§ 280, 281 BGB besteht auch dann keine Prozessführungsbefugnis der Sondereigentümerin, wenn das Einzelhaus zu hoch gebaut worden sein sollte und infolgedessen den Elbblick aus ihrer Wohnung versperrt.

aa) Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet, deren Sondereigentum nicht über das in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen (vgl. auch § 14 Nr. 1 WEG aF). Abwehransprüche gegen einen anderen Wohnungseigentümer, die der gestörte Wohnungseigentümer selbst durchsetzen kann, können sich sowohl aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG als auch aus § 1004 BGB ergeben, wenn Immissionen wie Lärm und Gerüche auf das Sondereigentum einwirken. Das könnte jedenfalls auch dann in Betracht kommen, wenn eine gravierende Beeinträchtigung der Aussicht aus der Einheit oder eine starke Verschattung der zu dem Sondereigentum gehörenden Räume durch den Gebrauch einer anderen Einheit oder durch eine von einem anderen Wohnungseigentümer herbeigeführte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums herbeigeführt wird. Zwar können im Anwendungsbereich von § 906 BGB negative Immissionen wie die Verschattung oder Beeinträchtigung der Aussicht nach der herkömmlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung gerade nicht abgewehrt werden (für den Entzug von Luft und Licht durch Anpflanzungen Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 229/14, NZM 2015, 793 Rn. 15; ferner Senat, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 199/02, NJW-RR 2003, 1313, 1314; Urteil vom 22. Mai 1992 - V ZR 93/91, NJW 1992, 2569, 2570; Urteil vom 15. Juni 1951 - V ZR 55/50, LM Nr. 1 zu § 903 BGB; RGZ 98, 15, 16 f.; Staudinger/Roth, BGB [2020], § 906 Rn. 122, 128). Für eine in diesem Punkt weitere Auslegung des § 14 WEG könnte aber die gesteigerte Rücksichtnahmepflicht unter Wohnungseigentümern sprechen (vgl. BeckOGK/Klimke, BGB [1.1.2020], § 906 Rn. 78; Staudinger/Roth, BGB [19.1.2021], § 906 Rn. 4; siehe auch Senat, Urteil vom 24. Januar 2014 - V ZR 48/13, NJW 2014, 1233 Rn. 12 zu § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG aF), zumal die "Einwirkung" in der Neufassung von § 14 WEG ohnehin einen Sammelbegriff darstellt (vgl. MüKoBGB/Scheller, 8. Aufl., § 14 WEG Rn. 12).

bb) Gegenstand der Klage ist aber nicht ein aus einer Beeinträchtigung des Sondereigentums hergeleiteter Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch, für den eine Prozessführungsbefugnis einzelner Sondereigentümer in Betracht kommen könnte, sondern ein Zahlungsanspruch. Dieser wird darauf gestützt, dass der Beklagte das in der Teilungserklärung vorgesehene Einzelhaus nicht plangerecht errichtet hat. Sowohl von einer nicht plangerechten Errichtung als auch von baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums sind stets alle Wohnungseigentümer betroffen, so dass u.U. sowohl der Verband (§ 9a Abs. 2 WEG, § 1004 BGB) als auch besonders stark beeinträchtigte Sondereigentümer (§ 1004 BGB, § 14 Abs. 2 Nr. 1 BGB) von dem Störer den Rückbau verlangen könnten. Anders verhielte es sich aber bei einem möglichen Zahlungsanspruch. Sollte - was ohnehin zweifelhaft erscheint (vgl. Rn. 10) - § 281 BGB auf den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB anwendbar sein und als Grundlage für einen Schadensersatzanspruch in Betracht kommen, bedürfte es jedenfalls der Koordinierung durch eine gemeinschaftliche Willensbildung. Der Störer dürfte nämlich nicht unterschiedlichen Anspruchszielen des Verbands und einzelner Wohnungseigentümer ausgesetzt werden. Das gälte entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht selbst dann, wenn der Beseitigungsanspruch des Verbands verjährt sein sollte. Denn auch nach Eintritt der Verjährung bestünde ein Koordinierungsbedarf im Hinblick auf das auf § 903 Satz 1 BGB beruhende und durch den Verband auszuübende Selbstbeseitigungsrecht der Wohnungseigentümer (näher dazu Senat, Urteil vom 5. Juli 2019 - V ZR 149/18, NJW 2020, 42 Rn. 13). Infolgedessen könnte das Recht, von der Störungsbeseitigung abzusehen und stattdessen Schadensersatz zu verlangen, sowohl gemäß § 9a Abs. 2 WEG als auch in Anwendung von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF nur durch den Verband ausgeübt werden (vgl. auch oben Rn. 11). Schon deshalb beschränkt sich das Recht des Sondereigentümers, Störungen abzuwehren, die sowohl den räumlichen Bereich seines Sondereigentums als auch das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigen, auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche; nur unter den Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 WEG ist ein einzelner Wohnungseigentümer befugt, Ausgleich in Geld zu verlangen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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Peer Reitner

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