Urteile - REITNER KINSCHER Rechtsanwälte Fachanwälte Notar - Essen Kettwig

LG Frankfurt/Main: Urteil vom 06. Mai 2021 - 2-14 O 113/20

Rechtsgebiet: Mietrecht

Tenor

1. Die Beklagten zu 1), 3) und 4) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 37.473,26 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus 5.679,49 € seit 06.05.2020, sowie aus weiteren 9.803,22 € seit 05.06.2020 und aus jeweils 9.556,08 € seit 04.07.2020 sowie 05.08.2020 und aus 2.878,39 € seit 02.10.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagten zu 1), 3) und 4) werden verurteilt, eine Mietsicherheitsleistung nach § 6.4 der Mietvertragsurkunde vom 22.12.2017 in Höhe von 24.000, 00 € (in Worten Vierundzwanzigtausend Euro) an die Klägerin durch Zahlung zu leisten.

3. Die Beklagten 1), 3) und 4) haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten zu 1), 3) und 4) können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Den Beklagten zu 1) 3) und 4) bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt im Urkundenprozess rückständige Mietzinsen sowie die Wiederauffüllung der Mietsicherheit.

Die Beklagten machen eine Minderung des Mietzinses wegen der aufgrund der Covid-19 Pandemie angeordneten Schließung ihres Betriebes geltend.

Die Beklagte zu 1) mietete von der Klägerin Räumlichkeiten in der ... in Frankfurt am Main zum Betrieb des Nachtclubs "..." zu einem monatlichen Mietzins von 9.555,70 € bzw. ab Februar 2020 in Höhe von 9.803,22 € (Mietvertrag vom 22.12.2017 in Kopie in Anlage K 1, Bl. 8 ff. d. A., Indexerhöhungsschreiben vom 17.02.2020 in Anlage K 2, Bl. 22 ff. d. A.).

Die Beklagten sind mit der vertraglichen Mietzinszahlung in Rückstand. Im März 2020 betrug der Rückstand des vertraglich vereinbarten Mietzinses 45.073,05 € (Mietkonto Anlage K 3, Bl. 26 d. A.). Nach Teilzahlung in Höhe von 15.000 € und der Auszahlung der vertraglich vereinbarten Mietsicherheit in Höhe von 24.000 € an die Klägerin betrug der Rückstand bei Klageeinreichdung im April 2020 inklusive des Mietzinses für den April 2020 15.876,27 € (Seite 3 f. in der Klageschrift).

Die Klägerin hat mehrfach die Klage erhöht. Mit Schriftsatz vom 20.05.2020 hat sie zunächst zusätzlich die Teilmiete für Mai 2020 in Höhe von 5.679,49 € zuzüglich Zinsen gefordert (Bl. 66 d. A.). Mit Schriftsatz vom 18.08.2020 hat die Klägerin sodann einen Rückstand in Höhe von insgesamt 34.594,87 € geltend gemacht (Bl. 83 d. A., Mietkontoübersicht Bl. 85 d. A.) sowie mit Schriftsatz vom 16.09.2002 einen weiteren rückständigen Mietzins in Höhe von 2.878,39 € verlangt (Mietkontoübersicht, Bl. 94 d. A).

In Bezug auf die Mietsicherheit hat die Klägerin zunächst die Begebung einer Bürgschaft gefordert (Schriftsatz vom 20.05.2020, Bl. 66 d. A.) und zuletzt die Auffüllung durch eine Barsicherheit verlangt.

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Die Klägerin ist der Ansicht, dass die aufgrund der COVID-19-Pandemie behördlich verfügte Schließung des Nachtclubs weder einen Mangel der Mietsache darstellen, noch eine Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung begründen würden.

Die Regelung in § 1 Ziffer 8 des Mietvertrages sei baupolizeilicher Natur. Da das Bundesseuchengesetz bereits im Jahre 2000 in Kraft getreten sei, handele es sich auch nicht um eine künftige behördliche Vorschrift. Außerdem stehe der Klägerin nach § 17 und nach § 3.6 des Mietvertrages ein Freistellungsanspruch gegen die Beklagten zu.

Nach Art. 240 § 2 EGBGB sei der Mieter weiter zur Mietzahlung verpflichtet. Diese Norm enthalte eine Sperrwirkung im Hinblick auf eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB.

Eine Mietzinsanpassung nach § 313 BGB komme daher nicht in Betracht. Selbst wenn die Vorschrift anwendbar wäre, sei eine existentielle Notlage seitens der Beklagten nicht dargetan. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 27.01.2021 nebst Anlagen verwiesen (Bl. 168 ff. d. A.).

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten zu 1), 3) und 4) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 15.876,27 € zzgl. nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit 11.03.2020 hilfsweise seit 17.03.2020 zu zahlen,

2. die Beklagten zu 1), 3) und 4) zu verurteilen, an die Klägerin 37.473,26 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus 5.679,49 € seit 06.05.2020, sowie aus weiteren 9.083,22 € seit 05.06.2020 und aus jeweils 9.556,08 € seit 04.07.2020 sowie 05.08.2020 und aus 2.878,39 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagten zu 1), 3) und 4) zu verurteilen eine Mietsicherheitsleistung nach § 6.4 der Mietvertragsurkunde vom 22.12.2017 in Höhe von 24.000, 00 € (in Worten Vierundzwanzigtausend Euro) an die Klägerin durch Zahlung zu leisten,

4. die Beklagten zu 1), 3) und 4) zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten des anwaltlichen Abmahnschreibens und der Kündigungsandrohung vom 17.03.2020 in Höhe von 1.317,87 € durch Zahlung freizustellen.

Die Beklagten zu 1) 3) und 4) beantragen,

die Klage abzuweisen.

Beklagten zu 1) 3) und 4) machen geltend, am 27.04.2020 einen Betrag in Höhe von 20.000 € und am 12.08.2020 einen Betrag in Höhe von 10.000 € gezahlt zu haben (Bl. 7 2 d. A., Bl. 74 d. A.). Insgesamt seien 56.000 € auf den Mietzins gezahlt worden (Bl. 126 d. A., Zahlungsbelege Bl. 130 ff. d. A.).

Aus § 1 Ziffer 8 des Vertrages ergebe sich, dass die Klägerin das Mietausfallrisiko zu tragen habe, weil es bei der behördlich angeordneten Schließung wegen der Pandemie um die Erfüllung künftiger behördlicher Vorschriften gehe, die nachweislich nicht mit der Nutzung der Mieträumlichkeiten als Bar/Lounge gemäß diesem Vertrag zusammenhängen würden.

Die Beklagtenseite könne die angemietete Fläche wegen ihrer speziellen Lage im Kellergeschoss zu keinem anderen Zweck nutzen. Daher sei der Vertrag nach § 313 BGB dergestalt anzupassen, dass die Miete um mindestens 80% gemindert werden müsse. Jedenfalls sei ein mindestens 50%iger Nachlass auf den Kaltmietzins zu gewähren. Die Inanspruchnahme der Mietsicherheit sei rechtlich ausgeschlossen. Einer Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen stehe Art 240 § 2 Absatz 1 EGBGB entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung im Schriftsatz vom 26.11.2020 (Bl. 126 ff. d. A.) verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der die letzte Erweiterung der Klage um 2.878,39 € nebst Zinsen in Höhe von 9% seit Rechtshängigkeit enthaltende Schriftsatz vom 16.09.2020 (Bl. 93 d. A.) ist den Beklagten zu 1) 3) und 4) laut Empfangsbekenntnis (Bl. 103 d. A.) am 01.10.2020 zugestellt worden.

Die Klägerin hat die Klage gegen den Beklagten zu 2), ..., zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat im Urkundenprozess Erfolg.

A. Die Klage ist im Urkundenprozess zulässig.

Die mit ihr geltend gemachten Ansprüche haben jeweils die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand. Ferner können sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderliche Tatsachen, soweit sie nicht ohnehin unstreitig sind, durch Urkunden bewiesen werden § 592 S. 1 ZPO (vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 592, Rdnr. 11, m.w.N.).

B. Die Klage ist im Urkundenverfahren begründet.

Der Klägerin als Vermieterin steht gegen die Beklagte zu 1) als Mieterin und gegen die Beklagten zu 3) und 4) als Mithaftende ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 37.473,26 € wegen des rückständigen vertraglich vereinbarten Mietzinses zu (§ 535 Abs. 2 BGB).

Ferner hat die Klägerin gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) einen Anspruch auf Wiederauffüllung der Mietsicherheit durch Barzahlung in Höhe von 24.000 €.

I. Der Anspruch auf Zahlung des rückständigen Mietzinses folgt aus § 535 BGB.

Die Höhe des Rückstandes mit dem nach dem Vertrag vom 17.12.2017 geschuldeten Mietzins von insgesamt 37.473,26 € ist zwischen den Parteien nicht streitig und folgt aus der Addition der zuletzt geltend gemachten Beträge in Höhe von 34.594, 87 € als Rückstand zum 12.08.2020 gemäß Schriftsatz vom 18.08.2002 mit Mietkontoauszug (Bl. 85 d. A.) und dem Betrag in Höhe von 2.878,39 € gemäß Schriftsatz vom 16.09.2020 mit Mietkontoauszug zum 09.09.2020 (Bl. 94 d. A.). Die Klageanträge waren dahingehend auszulegen, dass der Antrag vom 18.08.2020 den Klageantrag zu 1) aus der Klageschrift mit umfasst, denn der geltend gemachte Rückstand von 34.594, 87 € beinhaltet den in der Klage dargelegten Rückstand inklusive April 2020 in Höhe von 15.876,27 €, wie sich aus dem Mietkontoauszug zum 12.08.2020 eindeutig ergibt. Daher legt die Kammer die Klageanträge so aus, dass der Klageantrag zu 1) nicht neben dem Klageantrag zu 2) gestellt werden soll, sondern in Klageantrag zu 2) aufgeht.

Die Beklagten waren wegen der aufgrund der COVID-19- Pandemie angeordneten Schließung des Nachtclubs weder von der Mietzahlung befreit noch zur Zahlung einer geringeren Miete berechtigt.

Der vertraglich geschuldete Mietzins von 9.803, 22 € monatlich war im Zeitraum von Februar bis einschließlich September 2020 aus keinem rechtlichen Grund herabgesetzt.

1. Die Beklagten können sich zur Minderung des Mietzinses nicht auf § 1 Ziffer 8 des Mietvertrages berufen. Nach § 1 Ziffer 8 hat die Vermieterin die Erfüllung künftiger behördlicher Vorschriften auf ihre Kosten zu tragen, die nachweislich nicht mit der Nutzung der Mieträumlichkeiten als Bar/Lounge gemäß diesem Vertrag zusammenhängen.

Unabhängig davon, ob es sich bei der Schließungsanordnung um eine künftige behördliche Vorschrift gehandelt hat, hängt diese Schließungsanordnung vielmehr unmittelbar mit der Nutzung der Mieträumlichkeiten als Bar/Lounge zusammen. Die Schließungsanordnung bezieht sich ausschließlich auf die Tatsache, dass in den als Bar/Lounge genutzten Mieträumlichkeiten Gäste zusammenkommen, um zu tanzen und zu feiern, und dass dadurch die Gefahr besteht, dass die Gäste bzw. das Personal des Nachtclubs sich mit COVID-19 anstecken.

2. Auch nach den gesetzlichen Vorschriften ergibt sich keine Minderung des Mietzinses.

Es kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob Art. 240 § 2 EGBGB eine Sperrwirkung entfaltet, die eine Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts oder des Allgemeinen Schuldrechts auf den Fall der behördlichen Schließungen des Geschäftsbetriebs ausschlösse,oder ob eine solche Sperrwirkung zu verneinen ist mit der Folge, dass die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts oder der Gewährleistung weiterhin anwendbar sind(so OLG Frankfurt am Main, 2 U 143/20, Urteil vom 19.03.2021, RZ 29 ff. mit ausführlicher Begründung).

Denn auch bei Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung, der Minderung und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergibt sich, dass der Mietzins weder gemindert (§ 536 Abs. 1 S. 1, 2 BGB) war noch, dass der Klägerin die von ihr geschuldete Überlassung des Gebrauchs an der Mietsache zu dem vertraglich vereinbarten Mietzweck ganz oder teilweise unmöglich (§ 326 Abs. 1 S. 1, 2, § 275 Abs. 1, 4 BGB) war. Auch kann die Beklagtenseite für diesen Zeitraum wegen einer relevanten Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages nach § 313 BGB keine Herabsetzung des Mietzinses verlangen.

a) Die Mietsache war nicht mangelhaft im Sinne des § 536 BGB.

Ein Mangel im Sinne von § 536 BGB setzt voraus, dass der tatsächliche Zustand der Mietsache von dem vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Wenn - wie hier - Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (vgl. BGH, NJW 2013, 680). Auch öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und

-beschränkungen können die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mindern und damit einen Sachmangel begründen.

Die behördlich angeordnete Schließung der Gastronomie im Zuge der COVID-19-Pandemie begründet keinen Mangel der Mietsache im vorstehenden Sinne (Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Auflage, § 536, RZ 13 und 19 jeweils mwN.).

Die Mietsache selbst war weiterhin ordnungsgemäß und wies keinen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB auf. Der Klägerin als Vermieterin war die von ihr vertraglich geschuldete Leistung weiterhin uneingeschränkt möglich. Die Klägerin schuldete der Beklagten die Verschaffung der Möglichkeit des Gebrauchs des Mietobjekts und hatte hierzu dieses in einem dem Verwendungszweck entsprechenden Zustand zu halten (§ 535 Abs. 1 BGB). Der Erfüllung dieser Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin standen die behördlich angeordneten Einschränkungen nicht entgegen, Die behördlich angeordneten Einschränkungen wirkten sich nicht objektbezogen aus, sondern bezogen sich inhaltlich auf den Betrieb der Beklagten als Mieterin. Die Klägerin schuldete allein die Möglichkeit, in den überlassenen Räumen einen Geschäftsbetrieb wie hier einen Nachtclub zu führen, nicht aber in irgendeiner Weise die Überlassung des Betriebs selbst (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main, 2 U 143/20, Urteil vom 19.03.2021, RZ 33 ff mwN.). Denn behördliche Schließungsanordnungen sowie Einschränkungen des Geschäftsbetriebs als "Umweltbeziehungen" des Mietobjekts rechtlicher Art können einen Mangel der Mietsache nur dann begründen, wenn sie die körperliche Beschaffenheit der Mietsache, ihren Zustand oder ihre Lage betreffen oder Einfluss auf diese haben und damit einen unmittelbaren Bezug zu dem von der Klägerin als Vermieterin geschuldeten Leistungserfolg aufweisen, so dass sie das die Klägerin als Vermieterin treffende Verwendbarkeitsrisiko des Mietobjekts betreffen (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO, RZ 36).

Durch die behördlichen Schließungen und Einschränkungen im Hinblick auf die COVID-​19-​Pandemie wurde zwar faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Gäste verhindert oder beschränkt. Betroffen war aber nicht die räumliche Lage und Erreichbarkeit des Mietobjekts, also seine körperliche Beschaffenheit selbst. Auch die Überlassung des Mietobjekts an sich war nicht untersagt. Vielmehr war durch die behördlichen Anordnungen lediglich die Art der Nutzung des Mietobjekts als Gastronomiebetrieb und Tanzlokal und des dort entsprechend stattfindenden Publikumsverkehrs durch die Gäste des Clubs eingeschränkt und geregelt (vgl. zum Ganzen OLG Frankfurt am Main, 2 U 143/20, Urteil vom 19.03.2021, RZ 37 mwN).

Die behördlichen Schließungen und Beschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sind nicht gegen den Geschäftsbetrieb an sich, insbesondere in den bestimmten Mieträumen, gerichtet, sondern dienen ausschließlich dem Zweck der Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Virus SARS-CoV 2 und damit dem Gesundheitsschutz (vgl. LG München I, Urteil vom 25.01.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.). Es geht um die Abwehr erheblicher Gesundheitsgefahren, die ihre Ursache in einem pandemischen Infektionsgeschehen haben, welches nur durch weitgehende Kontaktbeschränkungen eingedämmt werden kann (vgl. Streyl, NZM 2020, 817 ff., 823). Diese führen zu Betriebsuntersagungen und -erschwerungen, die sich nicht gegen die konkrete Betriebsführung oder den konkreten Nutzungszweck der Mietsache - hier als Nachtclub - richten, sondern allein darauf beruhen, dass die Geschäftstätigkeit zum Publikumsverkehr mit einer nicht ausreichend kontrollierbaren Vielzahl von Personen führt, selbst dann, wenn - was sich der Kenntnis des Gerichts entzieht - der "..." auch außerhalb der Zeiten der Pandemie, also in "normalen" Zeiten, über eine Einlasskontrolle verfügen und so eine Auswahl seiner Gäste vornehmen sollte. Da diese unkontrollierbaren Kontakte wiederum aufgrund der leichten Übertragbarkeit des Virus zur Gefahr schwerer und schwerster Erkrankungen mit der Folge auch zahlreicher Todesfälle führen, sollen durch die Kontakteinschränkungen die Infektionszahlen vermindert werden, auch damit letztlich das Gesundheitssystem des Staates nicht durch eine zu hohe Zahl Erkrankter überlastet wird (vgl. zum Ganzen OLG Frankfurt am Main, 2 U 143/20, Urteil vom 19.03.2021, RZ 39 mwN, zu einem Fall aus dem Bereich des Einzelhandels für Damenoberbekleidung inklusive damit zusammenhängender Lizenzprodukte).

b) Der Anspruch der Klägerin auf Leistung der Mieten für den Zeitraum ab Februar 2020 ist auch nicht nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfallen. Der Klägerin ist die Gebrauchsgewährung durch die COVID-19-Pandemie nicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden.

Abgesehen davon, dass diese Regelungen nach Überlassung der Mietsache an die Beklagten nicht mehr anwendbar sind, sondern von den speziellen Regelungen des Gewährleistungsrechts nach §§ 536 ff. BGB verdrängt werden (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.03.2021, 2 U 143/20, 41f. mit weiteren Nachweisen), war es der der Klägerin nach dem oben Gesagten nicht unmöglich, den Beklagten den Gebrauch der Mietsache zu gewähren und die Mietsache während der Mietdauer in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten.

c) Soweit die Beklagtenseite sich auf eine Anpassung des Mietzinses nach § 313 BGB beruft, kann im Urkundenverfahren nicht festgestellt werden, dass die Beklagte wegen einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages Herabsetzung des Mietzinses verlangen könnte (§ 313 Abs. 1 BGB). Diese Einwendung der Beklagtenseite, die eine schematische Lösung nicht zulässt, ist als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen, da der ihr obliegende Beweis für die von ihr hierzu vorgetragenen Tatsachen nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten und mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt werden kann (§ 598 ZPO). Denn hierfür wäre eine Klärung des wechselseitigen Vorbringens zu den Gesamtumständen, welche die konkrete Situation der Beklagten sowie auch die der Klägerin betreffen, erforderlich. Eine Berücksichtigung von Einwendungen, die eine Anwendbarkeit von § 313 BGB begründen würden, muss im Nachverfahren erfolgen (vgl. OLG Frankfurt am Main, 2 U 143/20, Urteil vom 19.03.2021, RZ 42, 48 und 67 mwN).

Daher kann es an dieser Stelle dahinstehen, ob der Einwand für den Monat Februar 2020 und jedenfalls zum größten Teil auch für den Monat März 2020 unabhängig von seiner Zulässigkeit im Urkundenprozess bereits daran scheitern könnte, dass insoweit die Zeit vor den behördlich angeordneten Schließungen betroffen war.

II. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286, 291 BGB. Der Mietzins war nach § 3 Ziffer 3 des Vertrages vom 17.12.2017 am dritten Kalendertag eines Monats fällig.

Die Zinshöhe folgt aus § 288 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 3 Ziffer 4 Satz 1 des Vertrages vom 17.12.2017.

III. Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) einen Anspruch auf Wiederauffüllung der Mietsicherheit nach § 6 des Vertrages vom 17.12.2017 durch Zahlung in Höhe von 24.000 €.

Dass die Klägerin die bereits gezahlte Mietsicherheit verwerten durfte, folgt aus § 6 Ziffer1 des Mietvertrages vom 17.12.2017, wonach die Inanspruchnahme der Bürgschaft ausdrücklich auch für verjährte Forderungen möglich sein soll, woraus zu schließen ist, dass eine Inanspruchnahme für nicht verjährte Forderungen erst recht zulässig ist.

Der Rückstand mit den vertraglich geschuldeten Mietzinszahlungen ist zwischen den Parteien an sich nicht streitig, so dass eine Verwertung und Wiederauffüllung der Sicherheit vor dem Hintergrund des Art 240 § 2 EGBGB zulässig ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Auflage, 2021, RZ 3). Die Frage, ob wegen der COVID-19-Pandemie der Mietzins nach § 313 BGB im Wege der Vertragsanpassung verringert werden muss, ist nach dem oben Gesagten im Urkundenverfahren nicht zu klären, so dass im Urkundenverfahren eine Wiederauffüllung der Sicherheit jedenfalls verlangt werden kann.

Selbst wenn sich im Nachverfahren eine Mietminderung von beispielsweise 50% ergeben sollte, läge der Miet-Rückstand der Beklagtenseite noch immer weit über 24.000 €, so dass der Beklagtenseite durch die Verrechnung mit der Mietsicherheit auch in diesem Fall kein Nachteil entstehen würde.

IV. Der Anspruch auf Freistellung durch Zahlung von den Gebühren für die Schreiben vom 17.03.2020 folgt aus §§ 286, 249 BGB in Verbindung mit § 3 Ziffer 4 Satz 2 des Mietvertrages. Die geltend gemachten Gebühren sind von den Beklagten nicht bestritten worden und auch deutlich niedriger als in den Schreiben vom 17.03.2020 aufgeführt.

C. Da die Beklagten zu 1), 3) und 4) dem Anspruch widersprochen haben, war ihnen die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten (§ 599 ZPO).

Im Rahmen eines Nachverfahrens wird nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - wie anderer Gerichte - zu prüfen sein, ob es aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu einer Vertragsanpassung und damit zu einer Mietzinsminderung kommen kann.

Dabei werden für die Frage der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Beklagte die konkreten Umstände zu berücksichtigen sein, wie die Bedingungen des Vertrages, und ihre Auswirkungen auf die Situation der Vertragsparteien, wie die Laufzeit des Vertrages, die Miethöhe, etwaige Kündigungsmöglichkeiten sowie etwaige Möglichkeiten des Mieters das Mietobjekt kurzfristig sinnvoll umsetzbar in geänderter Weise weiter zu nutzen. Ferner können die wirtschaftlichen Folgen der Einschränkungen für den Mieter, insbesondere das Maß seiner Liquidität und Kreditfähigkeit zu beachten sein, z.B. ob eine einstandspflichtige Betriebsausfallversicherung besteht und ob der Mieter Fördermittel erhalten hat bzw. erhalten kann. Schließlich sind die Verhältnisse der Klägerin als Vermieterin ebenfalls in die Abwägung einzubeziehen, denn auch die Vermieterin wird von der "Corona-Krise" getroffen und muss sich um die Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtungen sorgen (vgl. zum Ganzen mit sehr ausführlicher und ins Einzelne gehenden Begründung 43 bis 66 mwN, insbesondere RZ 58, 59, 60 und 63; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage, § 313 Rz 37a, mwN).

Die Belastungen durch die Corona-Krise können jedenfalls nicht ohne Weiteres einer Vertragspartei allein aufgebürdet werden.

Das Zivilrecht ist indes weder dazu berufen noch in der Lage, einen gesamtgesellschaftlichen Lastenausgleich herzustellen. Dies wäre Aufgabe der Allgemeinheit (so das OLG Frankfurt am Main, 2 U 143/20, Urteil vom 19.03.2021, RZ 59).

D. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Absatz 1, 100 Absatz 4 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 4, 711 ZPO.

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