BGH: Urteil vom 13. Oktober 2021 - VIII ZR 91/20
Verfahrensgang:
AG Berlin-Tempelhof/Kreuzberg, 23.10.2019 - 15 C 83/19
LG Berlin, 05.02.2020 - 66 S 293/19
LG Berlin, 30.03.2020 - 66 S 293/19
BGH, 12.10.2021 - VIII ZR 91/20
Leitsätze
a) Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands beziehungsweise eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle hat lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung (Bestätigung der Senatsurteile vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250 unter II 2 a-d; vom 11. Januar 2006 - VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585 Rn. 20; vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 Rn. 11; vom 28. November 2007 - VIII ZR 145/07, NJW 2008, 508 Rn. 19; vom 10. Oktober 2012 - VIII ZR 107/12, BGHZ 195, 64 Rn. 28; vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 278/13, NJW 2015, 2650 Rn. 22; vom 1. Juli 2020 - VIII ZR 323/18, WuM 2020, 499 Rn. 25, 33; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2015 - VIII ZR 321/14, WuM 2016, 225 Rn. 6 und vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 238/15, WuM 2016, 682 Rn. 8).b) Diese (beschränkte) Wirkung des Nachholrechts des Mieters entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81, BVerfGE 69, 315, 372 und BVerfG, Beschluss vom 3. April 1990 - 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6, 12 f).
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 66 - vom 30. März 2020 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte mietete mit Vertrag vom 28. September 2015 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine in einem Mehrfamilienhaus gelegene Wohnung in Berlin. Die Nettomiete beträgt seit Mietbeginn 760 € im Monat zuzüglich monatlicher Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 240 €.
Der Beklagte zahlte im Zeitraum von Juli 2018 bis April 2019 statt der insgesamt geschuldeten 1.000 € nur jeweils eine geminderte Miete in Höhe von 840 € monatlich; im Mai 2019 leistete er keine Zahlung. Wegen des aufgelaufenen Mietrückstands in Höhe von 2.600 € erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Mai 2019 die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.
Nach Zustellung der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage (am 8. Juni 2019) hat der Beklagte die rückständige Miete durch Zahlungen am 21. Juni 2019 (1.000 €) und am 22. Juni 2019 (1.600 €) beglichen.
Das Amtsgericht hat der Räumungsklage der Klägerin aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses vom 7. Mai 2019 stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Neben der auf den vorgenannten Zahlungsverzug gestützten Kündigungen hat es hierbei auch weitere, durch die Klägerin während des gerichtlichen Verfahrens erklärte, auf eine unberechtigte Untervermietung, die Nichterteilung von Auskünften sowie vorsätzlich unwahren Prozessvortrag gestützte Kündigungen nicht als wirksam angesehen. Auf diese zusätzlichen Kündigungen erstreckt sich die Revisionszulassung nicht. Über die insoweit seitens der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 12. Oktober 2021 entschieden.
Mit der vom Berufungsgericht - beschränkt auf die Frage der Wirkungen einer Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) auf eine (hilfsweise) erklärte ordentliche Kündigung - zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (LG Berlin, WuM 2020, 281) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Räumungs- und Herausgabeanspruch aus § 546 Abs. 1, § 985 BGB nicht zu.
Die fristlose und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung der Klägerin vom 7. Mai 2019 wegen Zahlungsverzugs des Beklagten hätten das Mietverhältnis nicht beendet. Dabei könne offen bleiben, ob im Hinblick auf einen vom Beklagten behaupteten Wasserschaden im Bad und eine hierauf gestützte Mietminderung die Voraussetzungen einer Kündigung überhaupt vorgelegen hätten. Denn sämtliche Wirkungen der Kündigung vom 7. Mai 2019 seien durch die Schonfristzahlungen des Beklagten im Juni 2019 nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB geheilt.
Entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs erstrecke sich die Wirkung einer Schonfristzahlung auch auf die (hilfsweise erklärte) ordentliche Kündigung. Dies ergebe sich bereits aus einer unmittelbaren Anwendung des in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB enthaltenen Normbefehls; einer (bloßen) Analogie bedürfe es nicht. Denn die Anwendung der Schonfristregelung auf die ordentliche Kündigung sei nach der Gesetzessystematik geboten, vom Wortlaut nicht ausgeschlossen und vom Sinn und Zweck gedeckt.
Der Bundesgerichtshof lasse bei seiner systematischen Betrachtung der Norm des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB in der bisherigen Rechtsprechung unberücksichtigt, dass der Mietrechtsreformgesetzgeber 2001 grundlegende Änderungen in der Systematik des Mietrechts vorgenommen habe. Nach der bis 2001 geltenden Gesetzeslage sei das gesamte Mietrecht auf einer einzelnen Gliederungsebene "nebeneinander" angesiedelt gewesen und hätten systematische Wirkungen einer Norm auf eine andere nicht vorgelegen. Diese Gesetzeslage habe eine Beschränkung der Schonfristzahlung auf die fristlose Kündigung nach § 554 BGB aF gerechtfertigt. Denn, wenn die Heilungsmöglichkeit ausdrücklich bei dieser Kündigungsvorschrift, nicht dagegen bei der zeitlich nachfolgenden ordentlichen Kündigung (§ 564b BGB aF) vorgesehen gewesen sei, habe sie an der einen Stelle gegolten, an der anderen dagegen nicht.
Diese Gesetzessystematik habe der Reformgesetzgeber 2001 jedoch grundlegend geändert. Das Verhältnis der Schonfristzahlung zu den beiden Kündigungstatbeständen sei seither ein völlig anderes. Systematisch beziehe sich die Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eindeutig sowohl auf die fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB als auch auf die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB. Dies ergebe sich daraus, dass die Normen des § 569 BGB einerseits und des § 573 BGB andererseits nicht auf derselben Ebene (nebeneinander) stünden. Vielmehr stehe § 569 BGB in Kapitel 5, Unterkapitel 1 "Allgemeine Vorschriften" und gehöre damit als "vor die Klammer gezogen" zu denjenigen Regelungen, die für die "Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum" (Untertitel 2, Kapitel 5) und damit auch für die dort später verortete Vorschrift des § 573 BGB maßgeblich seien. Die Anwendung von § 569 BGB auf die im nachfolgenden Unterkapitel 2 (Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit) geregelte ordentliche Kündigung nach § 573 BGB sei damit (nur) die zwingende Konsequenz aus der 2001 neu eingeführten gesetzlichen Struktur.
Somit bedürfe es eines anderweitigen zwingenden Grunds, wenn trotz dieser im Jahr 2001 neu eingeführten Systematik die nun allgemein angeordnete Heilung der Kündigung nach § 569 BGB nicht auf die nachfolgende spezielle Vorschrift des § 573 BGB angewandt werden solle.
Einen solchen zwingenden Grund liefere der Gesetzeswortlaut nicht. Es kämen drei Stellen in Betracht, von denen aber keine ein Wortlautargument stütze, mit dem sich die Gesetzessystematik überwinden ließe. Der Wortlaut des Normbefehls - "Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn (...)" - enthalte weder konkretisierende noch einschränkende Zusätze und lasse daher einen Rückschluss darauf, dass hiermit lediglich die fristlose Kündigung gemeint sei, nicht zu.
Zwar werde in der Einleitung der Norm - "ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [BGB]" - der Bezug zur fristlosen Kündigung hergestellt. Jedoch dürfe die Funktion dieser Einleitung nicht mit einem Wortlautargument verwechselt werden. Die Existenz und Notwendigkeit dieser Einleitung erschließe sich allein durch § 549 BGB, mithin durch einen erneuten Blick auf die seit dem Jahr 2001 neu geltende Gesetzessystematik. Da § 549 BGB regele, dass die allgemeinen Vorschriften verdrängt würden, soweit sich "aus den nachfolgenden Regelungen etwas anderes ergibt", werfe eine kommentarlos nachfolgende Schonfristregelung die Frage auf, ob sie im Wohnraummietrecht "etwas anderes" sei, ob sie also die allgemeine Regelung in § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB zur Aufrechnung verdränge. Da diese aus § 549 Abs. 1 BGB resultierende Folge vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sei, habe es der einleitenden Anordnung bedurft, damit klar sei, dass die Schonfristzahlung zusätzlich zu einer Unwirksamkeit der Kündigung nach einer Aufrechnung gelte. Die Einleitung in § 569 Abs. 3 BGB erwähne § 543 BGB somit allein deshalb, weil dessen Aufrechnungswirkung nicht (nach § 549 Abs. 1 BGB) verdrängt werde, sondern im Wohnraummietrecht neben der Schonfristregelung (weiter) habe gelten sollen.
Schließlich ergebe sich aus der Überschrift der Norm des § 569 BGB, welche von der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund spreche, ein eindeutiges Wortlautargument nicht. Es erscheine ausgeschlossen, allein durch eine - wenn auch amtliche - Überschrift den in der Vorschrift selbst geschaffenen Normbefehl umzugestalten. Zudem wirke sich auch hier der systematische Aufbau der im Jahr 2001 geschaffenen Regelungen aus. Solle (wie hier) die spätere Norm (§ 569 BGB) die frühere (§ 543 BGB) ergänzen, müsse dies kenntlich gemacht werden. Somit lasse der Wortlaut es nicht zwingend erscheinen und lege es auch nicht nahe, gleichwohl von der systematisch gebotenen Anwendung der Schonfristregelung auf die ordentliche Kündigung abzusehen.
Soweit der Bundesgerichtshof den Sinn und Zweck der Schonfristzahlung in der Vermeidung der Obdachlosigkeit des Mieters sehe, die bei einer ordentlichen Kündigung wegen der Fristen des § 573c Abs. 1 BGB in geringerem Maße drohe, stütze er sich zu Unrecht auf die Gesetzesbegründung. Denn die "Vermeidung von Obdachlosigkeit" führe der Gesetzgeber des Mietrechtsreformgesetzes 2001 lediglich bei der Verlängerung der Frist für die Schonfristzahlung von bisher einem auf zwei Monate an. Es sei allein um das Problem gegangen, dass die Sozialbehörden zu wenig Zeit gehabt hätten, den vom Gesetzgeber gewünschten (dauerhaften) Verbleib des Mieters in der Wohnung rechtzeitig herbeizuführen.
Zudem belegten die Äußerungen des Reformgesetzgebers 2001, dass die Schonfristzahlung den praktischen Verbleib des Mieters in der Wohnung zur Folge haben sollte. Es sei unbestreitbar, dass sich die Früchte einer Schonfristzahlung in der Praxis immer erst nach einem gerichtlichen Verfahren zeigen könnten. Zu diesem Zeitpunkt existiere aber ein Unterschied zwischen einem "fristlos sofort" und einem erst nach "schützender Räumungsfrist" eintretenden Vertragsende nicht (mehr). Der Reformgesetzgeber 2001 habe an den bis dahin geltenden Regelungen ausdrücklich nur zugunsten des Mieters festgehalten. Daher gebe es für einen vermeintlichen Sinn und Zweck der im Jahr 2001 in Kraft gesetzten Regelungen, als deren Ergebnis am Ende des Räumungsprozesses der Wohnungsverlust eines Mieters stehe, keinen Anhaltspunkt.
Ferner laufe die Ansicht des Bundesgerichtshofs einer weiteren Zielsetzung der Mietrechtsreform 2001 zuwider. Hiernach sei eine verbesserte Klarheit, Verständlichkeit und Transparenz der Regelungen beabsichtigt gewesen, damit Mieter und Vermieter in die Lage versetzt würden, ihre Rechte und Pflichten auch ohne fachliche Hilfe selbst erkennen zu können, um dem Rechtsfrieden zu dienen und das Streitpotenzial zwischen Mietparteien zu verringern. Damit sei bei der Auslegung der Normen eine Sichtweise, welche eine klar strukturierte und vorhersehbare Anwendung des Gesetzes zur Folge habe, derjenigen vorzuziehen, welche zu einer Zersplitterung in unvorhersehbare Einzelfallentscheidungen führe. Genau diese Folge habe aber die Auffassung des Bundesgerichtshofs mit der dazu eingeführten Fragestellung, ob das Mietverhältnis infolge der (hilfsweise) erklärten ordentlichen Kündigung nach einer Schonfristzahlung im Einzelfall nach § 242 BGB nicht beendet worden sei.
Auch weitere Maßnahmen des Gesetzgebers zwängen nicht zu einer Abweichung von der systemgerechten Anwendung der Norm des § 569 BGB auf die ordentliche Kündigung. Zu der mit dem 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz im Jahr 1971 geschaffenen Vorgängerregelung des heutigen § 573 BGB sei vom Gesetzgeber ausgeführt worden, dass "weitergehende Schutzrechte des Mieters (...) unberührt" bleiben sollten. Die vom Bundesgerichtshof behauptete "Begrenztheit" der gesetzlichen Maßnahmen, die keine Angleichung der Folgen von ordentlicher und fristloser Kündigung habe schaffen sollen, sondern nur einen Mieterschutz "in gewissem Rahmen", stehe dazu in Widerspruch. Es stelle eine sehr eigenwillige Ausgestaltung des klar gewollten Schutzes des Mieters dar, diesem an einer Stelle (bei der fristlosen Kündigung) eine Abwehrmöglichkeit zu gewähren, um diese Möglichkeit für die identische tatsächliche Lage und Wohnung an anderer Stelle (bei der neu geschaffenen fristgemäßen Kündigung) wieder zu entziehen, obwohl neben allen Neuerungen ausdrücklich weitergehende Schutzrechte des Mieters unberührt bleiben sollten.
Bei der Betrachtung der historischen Rechtsentwicklung lasse der Bundesgerichtshof bis heute den Bereich des Sozialgesetzbuchs außer Betracht. Die enge Verzahnung zwischen den mietrechtlichen Folgen einer Schonfristzahlung sowie den Aufgaben und Zielen der öffentlichen Sozialbehörden werde über § 22 SGB II (im Bereich der Jobcenter) beziehungsweise über § 35 f. SGB XII (im Bereich der Sozialämter) verwirklicht. Hiernach "könnten" Schulden des Mieters übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt sei; die Schulden "sollten" übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig sei und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten drohe (§ 22 Abs. 8 SGB II). Eine Sicherung der Unterkunft könne nicht anders erreicht werden als durch einen Verbleib des Mieters in seinen aktuellen Räumen. Das Verständnis des Bundesgerichtshofs von Sinn und Zweck des Gesetzes stehe danach außerhalb der gesetzlichen Ziele für die Schonfristzahlung nach § 22 Abs. 8 SGB II.
Die Informationspflichten der Gerichte gegenüber den Sozialbehörden bei eingehenden Räumungsklagen (§ 22 Abs. 9 SGB II; auch § 36 Abs. 2 SGB XII), denen die Gerichte ohne das Zutun des Mieters nachzukommen hätten, seien ohne die verlässliche Möglichkeit zur erfolgreichen Abwendung des Räumungsurteils völlig unverständlich. Von einem Gerichtsverfahren, welches ohnehin - wegen ordentlicher Kündigung - mit einer Räumung ende, benötige die Behörde keine Kenntnis. Plausibel sei dies nur, wenn und weil es nach der Vorstellung des Sozialgesetzgebers im Jahr 2006 - als die Informationspflichten geschaffen worden seien - bei einer rechtzeitigen Schonfristzahlung auch tatsächlich zu einem dauerhaften Verbleib des Mieters in der Wohnung kommen solle.
Da dies aber aufgrund der ordentlichen Kündigung nicht erreichbar sei, unterbleibe in der Praxis die Übernahme der Mietschulden durch die öffentlichen Stellen. Solche Konsequenzen seien nicht akzeptabel. Vielmehr müsse das Auslegungsergebnis an dieser Stelle im Blick behalten, dass die Vorschriften zur Schonfrist - im Zivil- und im Sozialrecht - in ihrer Gesamtheit keineswegs allein den Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter bezweckten. Eine Auslegung im Bereich des Zivilrechts, in deren Konsequenz ein gesamtes damit unmittelbar verknüpftes Instrument des Sozialrechts leerlaufe und faktisch abgeschafft werde, verdiene "keine Gefolgschaft".
Zu Unrecht stelle der Bundesgerichtshof auch darauf ab, in Fällen der ordentlichen Kündigung sei der Schutz des § 569 BGB "nicht notwendig". Zum einen spiele die Vorwerfbarkeit für den Zahlungsverzug in der Regelung zur Schonfristzahlung offensichtlich keine Rolle. Zum anderen sei es nicht überzeugend, die ungleich strengere und weitergehende Folge aus § 543 Abs. 2 BGB als geheilt anzusehen, die weniger gewichtige hilfsweise ordentliche Kündigung aber als unumkehrbar zu betrachten.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein auf die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 7. Mai 2019 - auf welche sich die Revisionszulassung zulässigerweise beschränkt (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2015 - VIII ZR 321/14, WuM 2016, 225 Rn. 4) - gestützter Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der von diesem angemieteten Wohnung nach § 546 Abs. 1, § 985 BGB nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist diese (ebenfalls) auf die ausgebliebenen Mietzahlungen des Beklagten gestützte Kündigung nicht infolge der Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) unwirksam geworden. Eine solche Zahlung hat (lediglich) Folgen für die fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB); eine auf den zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Mietrückstand zugleich gestützte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bleibt von der Schonfristzahlung unberührt. Die entsprechende Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB ist hierauf nicht unmittelbar - und (wovon wohl auch das Berufungsgericht ausgeht) auch nicht analog - anwendbar.
1. Eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB). Im Fall der außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) gilt nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB "ergänzend", dass diese auch dann unwirksam wird, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (im Folgenden Schonfristzahlung).
Das Berufungsgericht ist rechtsirrig davon ausgegangen, die Auslegung der Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB ergebe, dass diese auch für die neben der fristlosen Kündigung hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB - deren Voraussetzungen im Übrigen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 10. Oktober 2012 - VIII ZR 107/12, BGHZ 195, 64 Rn. 18 ff.) zugunsten der Klägerin im Revisionsverfahren mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellen sind - unmittelbar gelte.
Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht der Fall. Vielmehr erfasst eine solche Schonfristzahlung nur die auf den Zahlungsverzug nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB (nicht unerhebliche schuldhafte Pflichtverletzung) gestützte ordentliche Kündigung (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250 unter II 2 a-d; vom 11. Januar 2006 - VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585 Rn. 20; vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 Rn. 11; vom 28. November 2007 - VIII ZR 145/07, NJW 2008, 508 Rn. 19; vom 10. Oktober 2012 - VIII ZR 107/12, aaO Rn. 28; vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 278/13, NJW 2015, 2650 Rn. 22; vom 1. Juli 2020 - VIII ZR 323/18, WuM 2020, 499 Rn. 25, 33; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2015 - VIII ZR 321/14, WuM 2016, 225 Rn. 6; vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 238/15, WuM 2016, 682 Rn. 8; ebenso BVerfG, WuM 2017, 516 Rn. 18).
2. Von dieser ständigen und gefestigten Rechtsprechung abzuweichen, bieten die Ausführungen des Berufungsgerichts keine Veranlassung.
a) Bereits das methodische Vorgehen, mit welchem das Berufungsgericht seine Auffassung der unmittelbaren Anwendung der Regelung zur Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung zu begründen versucht, missachtet die anerkannten Grundsätze der Gesetzesauslegung.
aa) Das Ziel jeder Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfGE 35, 263, 279). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. BVerfGE 11, 126, 130; 105, 135, 157; 133, 168, 205). Ihrer hat sich der Richter somit gleichzeitig und nebeneinander zu bedienen (vgl. BVerfGE 11, 126, 130; 35, 263, 279; BGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - KZR 5/65, BGHZ 46, 74, 76; vgl. auch Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 156).
Den Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung bildet grundsätzlich der Wortlaut einer Norm (vgl. BVerfGE 122, 248, 258, 283; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 11. Aufl., Rn. 742; Staudinger/Honsell, BGB, Neubearb. 2018, Einleitung zum Bürgerlichen Gesetzbuch Rn. 153; Höpfner, aaO S. 144, 147). Denn das nach dem Wortlaut sprachlich Mögliche, also der mögliche Wortsinn, steckt grundsätzlich die Grenzen ab, innerhalb derer ein vom Gesetz verwendeter Begriff überhaupt ausgelegt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 30. Juni 1966 - KZR 5/65, aaO; vom 12. März 2013 - XI ZR 227/12, BGHZ 197, 21 Rn. 41).
bb) Diese Anforderungen an eine den anerkannten Methoden entsprechendes Vorgehen zur Ermittlung der Regelungskonzeption des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB hat das Berufungsgericht grundlegend verkannt.
Denn es hat die systematische Betrachtung der Norm als maßgebliches Auslegungskriterium herangezogen und ist schon allein hiernach zu dem - aus seiner Sicht eindeutigen - Ergebnis gelangt, die Schonfristzahlung sei auch bei einer ordentlichen Kündigung zu berücksichtigen. Die übrigen Auslegungsmethoden hat es nicht gleichrangig, sondern lediglich insoweit angewandt, als es geprüft hat, ob diese das zuvor gefundene Ergebnis widerlegen. Denn aus der methodisch angreifbaren Sicht des Berufungsgerichts bedarf es eines "anderweitigen zwingenden Grundes", wenn trotz der systematisch gebotenen "Heilung der Kündigung" die Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung dennoch nicht angewandt werden solle.
Es hat daher ein einzelnes Kriterium aus dem Kanon der Auslegungsmethoden herausgegriffen und diesem rechtsirrig von vorne herein eine herausragende Aussagekraft beigemessen. Infolgedessen hat es den Wortlaut der Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB nicht zum Ausgangspunkt seiner Auslegung gemacht. Es hat ihn vielmehr nur dahingehend in seine (weitere) Betrachtung eingestellt, ob sich das (bereits) zuvor - aufgrund vermeintlicher systematischer Überlegungen - gefundene Ergebnis "überwinden" lasse beziehungsweise ob es der Wortlaut als "zwingend erscheinen ließe (oder auch nur nahelegen würde)", von der "systematisch gebotenen Anwendung der Schonfristregelung abzusehen". Zudem hat es nicht - wie geboten - den Regelungszweck des Gesetzes und historische Entwicklungen mit dem ihnen jeweils zukommenden Gewicht im Rahmen einer Gesamtbetrachtung berücksichtigt, sondern nur insoweit, als sie "nicht zu einer Abweichung von der systemgerechten Anwendung" der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung "zwingen".
Damit hat das Berufungsgericht weder der eigenständigen Bedeutung der einzelnen Auslegungskriterien Rechnung getragen noch deren Zusammenwirken im Rahmen einer gebotenen Gesamtschau beachtet und sich dadurch bereits im Ausgangspunkt den Blick für eine umfassende Auslegung verstellt.
b) Das Berufungsgericht hat den - den Ausgangspunkt der Auslegung bildenden Wortlaut - weder hinreichend erfasst noch - wie ausgeführt - mit dem ihm gebotenen (eigenständigen) Gewicht bei der Prüfung von Inhalt und Reichweite der Norm des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB berücksichtigt. Anders als das Berufungsgericht meint, erfasst der Wortlaut der Schonfristregelung ausschließlich die fristlose Kündigung.
aa) Der im Text des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB ohne Zusatz verwandte Begriff der "Kündigung" ist nicht als Oberbegriff zu verstehen, der - so das Berufungsgericht - jede Kündigung erfasse, die aus dem (ausgeglichenen) Mietrückstand abgeleitet werde.
Vielmehr ist mit der "Kündigung" nach dem Sinnzusammenhang, in dem dieser Begriff verwendet wird, nur die fristlose Kündigung gemeint. Dies ergibt sich neben der eindeutigen amtlichen Überschrift der Norm ("Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund") aus deren Aufbau und dem sprachlichen Kontext. Die gesamte Norm des § 569 BGB betrifft ausschließlich die fristlose Kündigung. Deren Absätze 1 bis 2a konkretisieren für den Bereich der Wohnraummiete den wichtigen Grund aus § 543 Abs. 1 BGB. Damit einhergehend legt § 569 Abs. 3 die Voraussetzungen der auf einen Zahlungsverzug gestützten fristlosen Kündigung aus § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB "ergänzend" fest. Dabei spricht § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, der die Zahlungsverzugskündigung nach einer Mieterhöhung (§§ 558 bis 560 BGB) regelt, ausdrücklich von "der außerordentlichen fristlosen Kündigung".
Es fehlt an jeglichem Anhaltspunkt dafür, warum trotz des für die Nummern 1 bis 3 des § 569 Abs. 3 BGB gleichlautenden Einleitungssatzes die Ziffern 1 und 3 nur die fristlose Kündigung, die Ziffer 2 dagegen auch die ordentliche Kündigung betreffen sollte. Vielmehr ergibt sich aus dem sprachlichen Zusammenhang, dass der in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB verwendete Begriff der "Kündigung" - wie in der gesamten Norm einheitlich - nur die fristlose Kündigung erfasst.
bb) Dafür spricht auch, dass die Vorschrift des § 569 BGB gerade die eine solche fristlose Kündigung regelnde Vorschrift des § 543 BGB ergänzt, wodurch ein eindeutiger Bezug hergestellt ist. Soweit das Berufungsgericht im Rahmen der Wortlautbetrachtung die Auswirkungen der mit dem Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts vom 19. Juni 2001 (Mietrechtsreformgesetz; BGBl. I S. 1149) geschaffenen Systematik heranzieht und ausführt, dieser "Ergänzung" habe es nur deshalb bedurft, weil der Bezug der späteren Norm des § 569 BGB zur früheren des § 543 BGB habe deutlich gemacht werden müssen, sieht es in dem Begriff "ergänzend" lediglich eine der Systematik geschuldete Bezeichnung und spricht dem deutlichen Wortlaut zu Unrecht eine eigenständige Bedeutung ab. Von diesem (Wortlaut-)Verständnis gehen auch die Gesetzesmaterialien aus. Dort heißt es (BT-Drucks. 14/4553, S. 64):
"Die Vorschrift ergänzt § 543 Entwurf und enthält besondere Regelungen zum außerordentlichen fristlosen Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bei Wohnraummietverhältnissen".
c) Die systematische Stellung der Regelung zur Schonfristzahlung spricht ebenfalls gegen eine Erstreckung auf die ordentliche Kündigung nach § 573 BGB. Aus der nach Ansicht des Berufungsgerichts mit dem Mietrechtsreformgesetz 2001 "grundlegend" geänderten "Systematik des Mietrechts" kann ein weitergehender Anwendungsbereich der Schonfristzahlung nicht hergeleitet werden.
aa) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die bis 2001 geltende Regelungskonzeption eine Ausdehnung der Wirkung einer Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung nicht zu begründen vermochte. Denn das Nachholrecht des Mieters war allein in der die fristlose Kündigung regelnden Bestimmung des § 554 BGB aF enthalten. Die - erst später normierte - ordentliche Kündigung (§ 564b BGB aF) enthielt ein solches nicht.
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt jedoch aus der Schaffung einer neuen Struktur der mietrechtlichen Vorschriften mit dem Mietrechtsreformgesetz 2001 und der damit einhergehenden Normierung der Schonfristzahlung im Unterkapitel 1 (Allgemeine Vorschriften) des die Beendigung von Mietverhältnissen regelnden 5. Kapitels nicht, dass die Vorschrift als gleichsam "vor die Klammer gezogen" nunmehr auch für die im nachfolgenden Unterkapitel 2 (Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit) geregelte ordentliche Kündigung (§ 573 BGB) gelten solle. Anders als das Berufungsgericht meint, ist das "Verhältnis der Schonfristzahlung" zu den Kündigungstatbeständen der § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB einerseits und zu § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB andererseits ab der Mietrechtsreform 2001 nicht "ein völlig anderes".
(1) Denn an dem schon zuvor bestehenden Regel-Ausnahme-Verhältnis hat sich hierdurch nichts geändert. Die Bestimmung zur Schonfristzahlung in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB enthält eine Ausnahme von dem in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB geregelten Grundsatz, dass eine auf einen Zahlungsrückstand des Mieters in bestimmter Höhe gestützte fristlose Kündigung des Vermieters wirksam ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250 unter II 2 c). Als eine solche Ausnahmevorschrift ist § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB eng auszulegen. Erfolgt eine nachträgliche Befriedigung des Vermieters oder wird eine behördliche Verpflichtungserklärung abgegeben, gilt daher allein die durch die wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) bewirkte Beendigung des Mietverhältnisses rückwirkend als nicht eingetreten (vgl. zur Wirkung Senatsurteile vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17, BGHZ 220, 1 Rn. 24 und VIII ZR 261/17, WuM 2018, 758 Rn. 32; vom 1. Juli 2020 - VIII ZR 323/18, WuM 2020, 499 Rn. 28).
(2) Dass die Schonfristzahlung nicht im § 543 BGB, sondern in § 569 BGB als gesonderte Bestimmung geregelt ist, erklärt sich daraus, dass sie - anders als § 543 BGB - ausschließlich im Wohnraummietrecht Geltung beansprucht. Ihre Stellung im "allgemeinen Teil" des Kapitels über die "Beendigung des Mietverhältnisses" ist dem Umstand geschuldet, dass eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs sowohl bei den im Unterkapitel 2 geregelten Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit (§§ 573 ff. BGB), als auch bei den im Unterkapitel 3 geregelten Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit (§§ 575 f. BGB) in Betracht kommt.
(a) Das Auseinanderfallen der zuvor einheitlichen Bestimmung zur fristlosen Kündigung und zur Schonfristzahlung in § 554 BGB aF in eine solche zur fristlosen Kündigung in § 543 BGB einerseits sowie zur Heilungsmöglichkeit in § 569 BGB andererseits war allein einer neuen Strukturierung des Mietrechts geschuldet, hat aber auf die inhaltliche Reichweite der Normen keinerlei Auswirkungen.
Aus Sicht des Reformgesetzgebers im Jahr 2001 war die im Mietrecht zu Anfang "allenfalls ansatzweise vorhandene Systematik" durch nachträgliche Gesetzesänderungen endgültig verloren gegangen. Zur Schaffung übersichtlicher und verständlicher Regelungen sollte das Mietrecht neu aufgegliedert und insbesondere in allgemeine Vorschriften, die unabhängig von der Art der gemieteten Sache gelten, sowie solche, die für Mietverhältnisse über Wohnraum maßgebend sind, unterteilt werden. Für den Bereich der - hier in Rede stehenden - Wohnraummiete wollte der Gesetzgeber die Vorschriften nach dem typischen zeitlichen Ablauf eines Mietverhältnisses anordnen (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 35).
Ausgehend hiervon hat der Gesetzgeber die bisher in § 554 Abs. 2 BGB aF enthaltene Schonfristregelung der neu gewählten Systematik entsprechend im Kapitel über die Beendigung des (Wohnraum-)Mietverhältnisses kodifiziert, da es sich - anders als bei der bei sämtlichen Mietverhältnissen bestehenden Möglichkeit zur fristlosen Kündigung - um eine "Sonderregelung für die Wohnraummiete" handelt. So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 543 BGB ausdrücklich (BT-Drucks. 14/4553, S. 44):
"Die Sonderregelung für die Wohnraummiete (bisher § 554 Abs. 2 BGB) wird entsprechend der neuen Systematik in den 2. Untertitel "Mietverhältnisse über Wohnraum" als § 569 Abs. 3 Entwurf aufgenommen."
Durch diese allein der speziellen Normierung von Regelungen zur Wohnungsmiete geschuldete Abspaltung sollte aber der bisherige Bezug der Schonfristzahlung (ausschließlich) zur fristlosen Kündigung nicht beseitigt werden. Vielmehr sollte die Regelung des § 569 BGB ausdrücklich - was wie ausgeführt auch im Wortlaut der Norm zum Ausdruck kommt - allein als Ergänzung zu § 543 BGB ausgestaltet werden (vgl. BT-Drucks. aaO S. 64).
(b) Innerhalb der Regelungen zur Beendigung des Wohnraummietverhältnisses (Kapitel 5) musste diese ergänzende Bestimmung zur Schonfristzahlung deshalb "vor die Klammer" gezogen werden, da - worauf die Revision zutreffend verweist - die fristlose Kündigung (§ 543 BGB) sowohl bei den anschließend geregelten Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit (Kapitel 5, Unterkapitel 2) als auch bei den in Kapitel 5, Unterkapitel 3 geregelten Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit möglich ist. Eine Geltung der im "allgemeinen Teil" stehenden Vorschrift des § 569 BGB auf die nachfolgend normierte ordentliche Kündigung (eines Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit) ergibt sich daraus nicht.
(c) Zudem verkennt das Berufungsgericht, dass der Reformgesetzgeber 2001 dem Mietrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch zwar eine neue Systematik gegeben hat, damit aber ausdrücklich eine inhaltliche Änderung der Vorschriften gegenüber dem bisherigen Recht - mit Ausnahme der Verlängerung der Schonfrist von einem Monat auf zwei Monate - gerade nicht verbunden sehen wollte. Vielmehr heben die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. aaO) ausdrücklich hervor, dass
"Absatz 3 [des § 569 BGB] die Sonderregelung für die fristlose Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges aus § 554 Abs. 2 BGB auf[nimmt]".
Hiernach kann im Ergebnis aus einer - im Vergleich zum bisherigen Rechtszustand - geänderten systematischen Stellung des Nachholrechts des Mieters nicht auf einen erweiterten Anwendungsbereich für eine ordentliche Kündigung geschlossen werden.
d) Mit dem Sinn und Zweck des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB lässt sich dessen Anwendung auch im Falle einer ordentlichen Kündigung ebenfalls nicht begründen.
aa) Denn die Schonfristzahlung dient der Vermeidung von Obdachlosigkeit des Mieters (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250 unter II 2 d aa; vom 10. Oktober 2012 - VIII ZR 107/12, BGHZ 195, 64 Rn. 28; vom 1. Juli 2020 - VIII ZR 323/18, WuM 2020, 499 Rn. 33; BT-Drucks. 14/4553, S. 64; BT-Drucks. 16/5214, S. 3).
Das Berufungsgericht weist zwar dem Grunde nach zutreffend darauf hin, dass sich die "Früchte einer Schonfristzahlung" erst nach Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zeigen könnten und zu diesem - in der Praxis regelmäßig lange nach der Kündigung liegenden - Zeitpunkt der Sache nach in der Regel kein Unterschied mehr zwischen einer fristlosen und einer ordentlichen Kündigung besteht. Die mit dem Zugang der fristlosen Kündigung einhergehende Gefahr sofortiger Obdachlosigkeit habe sich in diesen Fällen nicht verwirklicht.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass eine Obdachlosigkeit bei einer mit einer mindestens dreimonatigen Kündigungsfrist (§ 573c Abs. 1 BGB) einhergehenden ordentlichen Kündigung in geringerem Maße droht als bei einer fristlosen Kündigung, bei welcher das Mietverhältnis - sofern der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt - bereits mit Zugang (§ 130 BGB) einer den formellen und materiellen Anforderungen genügenden Kündigungserklärung mit sofortiger Wirkung beendet ist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17, BGHZ 220, 1 Rn. 22).
Für die Annahme des Berufungsgerichts, die Schonfristzahlung ziele darauf, "den vom Gesetzgeber gewünschten (dauerhaften) Verbleib" in der Wohnung ungeachtet einer zu der fristlosen Kündigung hinzutretenden (ordentlichen) Kündigung wegen Zahlungsverzugs zu sichern (so iE im Rahmen der Prüfung einer analogen Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch MünchKommBGB/Häublein, 8. Aufl., § 573 Rn. 71), finden sich in den Materialien keine belastbaren Anhaltspunkte und solche benennt auch das Berufungsgericht nicht.
bb) Das Berufungsgericht kann sich auch nicht mit Erfolg auf die der Mietrechtsreform 2001 allgemein zu Grunde gelegte Zielsetzung berufen.
Wie sich aus den der Einzelbegründung vorangestellten allgemeinen Erwägungen ergibt, bezweckte der Gesetzgeber unter anderem "die Vereinfachung des Mietrechts im Sinne von Klarheit, Verständlichkeit und Transparenz" (BT-Drucks. 14/4553, S. 34). Aus Sicht des Berufungsgerichts dient die Erstreckung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung diesem Ziel, da sie zu Klarheit und Vorhersehbarkeit der Rechtsanwendung führe. Demgegenüber bewirke die Rechtsprechung des Senats, wonach im Einzelfall zu prüfen sei, ob das Mietverhältnis durch die ordentliche Kündigung infolge der Schonfristzahlung nicht beendet sei, eine Zersplitterung in unvorhersehbare Einzelfallentscheidungen.
Aus der vorgenannten, dem Gesetzesvorhaben als Ganzes vorangestellten, bloß pauschalen Zielbeschreibung kann ein Rückschluss auf den Inhalt und die Reichweite einer einzelnen Norm nicht gezogen werden, zumal - wie ausgeführt - der Gesetzgeber mit § 569 BGB eine inhaltliche Änderung gegenüber dem vorherigen Rechtszustand ausdrücklich nicht beabsichtigt hatte (vgl. BT-Drucks. aaO S. 64).
cc) Soweit das Berufungsgericht seine gegenteilige Ansicht insoweit mit dessen angeblich vorzugswürdiger "praktische(r) Auswirkung" in Form klarer und vorhersehbarer Entscheidungen begründen will und der Sache nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund der gebotenen Einzelfallprüfung, insbesondere des § 242 BGB im Rahmen der ordentlichen Kündigung, ihre Praxistauglichkeit abspricht, verkennt es bereits im Ausgangspunkt, dass hieraus Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich der Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB nicht gezogen werden können, da im Rechtsstaat des Grundgesetzes das Recht die Praxis bestimmt und nicht die Praxis das Recht (vgl. BVerfGE 133, 168, 235).
e) Schließlich spricht die historische Auslegung gegen eine erweiternde Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB. Das Berufungsgericht lässt dabei auch die jüngere Gesetzgebungsgeschichte gänzlich außer Betracht; aus dieser ist der klare Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, die Wirkung einer Schonfristzahlung nicht auf die ordentliche Kündigung zu erstrecken.
aa) Das Berufungsgericht geht - wie ausgeführt - noch zutreffend davon aus, dass die historische Entwicklung der Regelungen zu einer Schonfristzahlung bis zur Mietrechtsreform 2001 eindeutig deren Anwendbarkeit ausschließlich auf die fristlose Kündigung begründete. Denn lediglich die entsprechende Bestimmung des § 554 BGB aF enthielt in Abs. 2 ein Nachholrecht des Mieters. Ein solches fehlte in der erst später eingeführten Regelung zur ordentlichen Kündigung in § 564b BGB aF ebenso wie in der Vorgängervorschrift des Art. 1 § 1 des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. November 1971 (BGBl. I 1839; sog. Erstes Wohnraumkündigungsschutzgesetz, nachfolgend WKSchG; vgl. zur historischen Entwicklung: Senatsurteile vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250 unter II 2 b; vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17, BGHZ 220, 1 Rn. 29 ff. und VIII ZR 261/17, WuM 2018, 758 Rn. 37 ff.).
bb) Anders als das Berufungsgericht meint, wurde dieser (beschränkte) Anwendungsbereich der Schonfristzahlung infolge der Mietrechtsreform 2001 nicht erweitert. Denn mit der systematischen Neugliederung des Mietrechts war - wie bereits ausgeführt - eine inhaltliche Änderung nicht verbunden (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 64).
cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Reichweite einer Schonfristzahlung nicht "entscheidende Aspekte" der Gesetzgebung zum Ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetz unberücksichtigt gelassen.
(1) Die vom Berufungsgericht gewählte Prämisse, aus der mit diesem Gesetz erstmals erfolgten Statuierung von Gründen für die ordentliche Kündigung ergebe sich, dass "alle Schutzmechanismen, die gegenüber einer Kündigung zu dieser Zeit ohnehin schon galten", mithin auch die Schonfristzahlung, im Verhältnis zur ordentlichen Kündigung "unangetastet" bleiben sollten, findet in den Gesetzesmaterialien keine Stütze.
Das Berufungsgericht übersieht bereits im Ausgangspunkt, dass es bei dieser Reform gerade nicht "allein um eine Stärkung der Mieterrechte" ging. Vielmehr wurden die Interessen beider Vertragsparteien, mithin der Mieter und der Vermieter berücksichtigt. Denn der Zweck der mit Art. 1 § 1 WKSchG vom Vorliegen eines berechtigten Interesses abhängig gemachten ordentlichen Kündigung besteht darin, einerseits den vertragstreuen Mieter, für den die Wohnung einen Lebensmittelpunkt darstellt, vor willkürlichen Kündigungen zu schützen (vgl. Begründung der Regierungsvorlage, BT-Drucks. 7/2011, S. 7; Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/2638, S. 1; BVerfGE 68, 361, 371; 79, 292, 302; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - ARZ 4/87, BGHZ 103, 91, 96, 98 [jeweils zu § 564b BGB aF]; Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 20 [zu § 573 BGB]), andererseits aber dem Vermieter die Befugnis einzuräumen, sich bei Vorliegen eines triftigen Grunds aus dem Mietverhältnis lösen zu können (Bericht über die 90. Sitzung des Deutschen Bundestags vom 20. Januar 1971, S. 4933 der Sammlung der Sitzungsberichte [zum WKSchG]; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - ARZ 4/87, aaO, S. 98 f. [zu § 564b BGB aF]). Die Vorschriften des Art. 1 § 1 Abs. 2 WKSchG, des § 564b BGB aF und die ihnen inhaltlich entsprechende aktuell geltende Regelung des § 573 BGB sollen letztlich der Herstellung eines gerechten Interessensausgleichs zwischen den Mietvertragsparteien dienen (Bericht über die 90. Sitzung des Deutschen Bundestags vom 20. Januar 1971, S. 4933 der Sammlung der Sitzungsberichte; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - ARZ 4/87, aaO) und bringen damit die beiderseitigen Interessen in einen mit der Verfassung in Einklang stehenden Ausgleich (BVerfGE 68, 361, 371; 79, 292, 303 [jeweils zu § 564b BGB aF]; vgl. auch BT-Drucks. 14/4553, S. 64 [zu § 573 BGB]; Senatsurteil vom 14. Dezember 2016 - VIII ZR 232/15, BGHZ 213, 136 Rn. 26).
Dieser Ausgleich umfasst jedoch gerade nicht die Erstreckung der Schonfristzahlung auf die Regelungen zur ordentlichen Kündigung im WKSchG. Weder aus deren Wortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien kann hierauf geschlossen werden. Vielmehr ging - wie der Senat bereits ausgeführt hat - die beabsichtigte Stärkung des Mieterschutzes (im Bereich der ordentlichen Kündigung) gerade nicht mit einer Angleichung an die Vorschriften über die fristlose Kündigung einher (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250 unter II 2 b), sondern blieb es bei einem Nebeneinander beider (Kündigungs-)Systeme.
(2) Aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 5 WKSchG ergibt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nichts anderes. Hiernach blieben weitergehende Schutzrechte des Mieters, insbesondere nach den Vorschriften der §§ 556a bis 556c BGB aF, unberührt. Damit war ausschließlich eine Klarstellung dahingehend beabsichtigt, dass die Regelung zum notwendigen Vorliegen eines berechtigten Interesses für eine ordentliche Kündigung nicht an die Stelle, sondern neben anderweitige Schutzrechte des Mieters - insbesondere den Härteeinwand nach § 556a aF (nunmehr §§ 574 ff. BGB) - treten sollte (vgl. BT-Drucks. VI/1549, S. 8). Eine Ausdehnung der Schonfristzahlung als zusätzlicher Schutzmechanismus sollte nicht erfolgen; dementsprechend fehlt eine Bezugnahme auf § 554 BGB aF (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, aaO).
f) Schließlich vermag der "Bereich des Sozialgesetzbuchs" und die - aus Sicht des Berufungsgerichts - "enge Verzahnung" der mietrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch mit denjenigen, die das Eintreten der Sozialbehörden für Mietschulden regeln - § 22 SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) und § 36 SGB XII (Sozialhilfe) -, eine Erstreckung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung nicht zu begründen.
Zwar kann im Rahmen einer systematischen Auslegung zur Bestimmung des objektiven Willens des Gesetzgebers im Einzelfall auch auf Normen anderer Gesetze unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung abgestellt werden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. Juni 2006 - II ZB 21/05, NJW-RR 2007, 285 Rn. 10; vgl. ferner BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - XII ZR 95/16, BGHZ 217, 92 Rn. 22; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 11. Aufl. Rn. 774 ff.). Dabei ist jedoch der schon im Grundsatz nach Sachbereichen differenzierten Rechtsordnung und dabei insbesondere den (unterschiedlichen) Zielsetzungen der jeweiligen Regelungen Rechnung zu tragen. Angesichts der dem Ausgleich der Interessen zwischen Vermieter und Mieter dienenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der allein dem Schutz eines bedürftigen Mieters mithilfe staatlicher Leistungen dienenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs vermögen letztere eine Auslegung des § 569 BGB, die deren - wie aufgezeigt auf die fristlose Kündigung beschränkten - Anwendungsbereich erweitert, nicht zu begründen.
aa) Nach § 22 Abs. 8 SGB II können, sofern zugunsten des Mieters Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Die Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Nach § 22 Abs. 9 Satz 1 SGB II ist die zuständige Stelle vom Gericht über den Eingang einer auf Zahlungsverzug gestützten Räumungsklage zu informieren. Diese Benachrichtigung unterbleibt gemäß § 22 Abs. 9 Satz 3 SGB II, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht. Vergleichbares gilt im Bereich der Sozialhilfe nach § 36 SGB XII.
bb) Aus der Existenz der genannten sozialrechtlichen Vorschriften folgt eine über den Wortlaut, die Systematik und den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Regelungszweck hinausgehende Anwendbarkeit der Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB nicht.
Der vorliegende Fall zeigt, dass es an einer vom Berufungsgericht behaupteten, gleichsam konstitutionellen "Verzahnung" beider Regelungsbereiche fehlt. Ein Einschreiten des Sozialleistungsträgers steht hier nicht im Raum, denn der Beklagte hat sich nicht darauf berufen, die Miete infolge wirtschaftlicher Zahlungsschwierigkeiten nicht leisten zu können, sondern er hat einen Mangel der Mietsache vorgebracht.
cc) Soweit das Berufungsgericht auf eine Gesetzesänderung im Bereich des Sozialgesetzbuchs II nach dem Grundsatzurteil des Senats vom 16. Februar 2005 (VIII ZR 6/04, aaO) abstellt, wurde hierdurch der bisherige Rechtszustand bezüglich des Einschreitens der Sozialbehörden nicht maßgebend geändert. Da diese bereits zuvor mit dem Ziel der "Sicherung der Unterkunft" tätig wurden und auch im bisherigen Recht Regelungen dazu existierten, wie Sozialbehörden von bei Gericht eingegangenen Räumungsklagen informiert werden, beanstandet das Berufungsgericht im Ergebnis zu Unrecht, der Senat sei in späteren Entscheidungen auf die "Vorstellung des Sozialgesetzgebers im Jahr 2006" nie eingegangen.
Zwar war in der bis dato geltenden Fassung des § 22 SGB II eine Information des Trägers der Grundsicherung durch das Gericht im Falle einer auf Zahlungsverzug gestützten Räumungsklage nicht vorgesehen und bezüglich der Mietschulden lediglich deren darlehensweise Übernahme als "Kann-Vorschrift" und auch dies nur für den Fall geregelt, dass ohne Übernahme der Mietschulden die Aufnahme einer konkret in Aussicht stehenden Beschäftigung verhindert würde. Durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) wurde zum 1. April 2006 in § 22 Abs. 6 SGB II aF (jetzt § 22 Abs. 9 SGB II) eine Informationspflicht eingeführt, in § 22 Abs. 5 SGB II aF (jetzt § 22 Abs. 8 SGB II) die Übernahme von Mietschulden als "Soll-Regelung" für den Fall drohender Wohnungslosigkeit normiert und auf den Bezug zur Beschäftigungsaufnahme verzichtet. Jedoch änderte dies die zuvor maßgebenden Regelungen zum Eintritt des Sozialleistungsträgers nicht derart, dass der Geltungsbereich der Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) nunmehr anders zu beurteilen wäre. Denn Regelungen zum Einschreiten der Sozialbehörden "zur Sicherung der Unterkunft" gab es zuvor ebenso wie solche zu einer Unterrichtung der Behörden durch die Gerichte.
Denn bis zu der vorgenannten Gesetzesänderung wurden für Mieter, die unter das SGB II fielen, sowohl die in diesem Gesetzbuch geregelten Verfahren als auch diejenigen des SGB XII angewandt. Da - wie ausgeführt - die Vorgängerregelung in § 22 SGB II die Übernahme der Mietschulden auf Fälle mit Bezug zur Aufnahme einer Beschäftigung beschränkte, wurden die übrigen Fälle der Mietschuldenübernahme durch einen Verweis in § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF über § 34 SGB XII aF behandelt (vgl. Hauck/Noftz/Krauß, SGB, Stand: Januar 2021, § 22 SGB II Rn. 1, 37 und 390). Die Vorschrift des (heutigen) § 36 SGB XII fand somit bis zum 1. April 2006 auch Anwendung auf Bezieher von Leistungen nach dem SGB II (vgl. Hauck/Noftz/Falterbaum, SGB, Stand: Juni 2019, § 36 SGB XII Rn. 9). Durch die im Jahr 2006 erfolgten Änderungen der Voraussetzungen des Eintretens der Jobcenter in § 22 SGB II wurden lediglich die bisherigen Doppelzuständigkeiten zwischen den Trägern der Grundsicherung und den Sozialhilfebehörden (SGB XII) vermieden (vgl. BT-Drucks. 16/688, S. 14).
Anders als das Berufungsgericht meint, wurde im Jahr 2006 auch nicht (erstmals) eine "Benachrichtigung der örtlich zuständigen Sozialbehörde (...) eingeführt". Vielmehr gab es im Bereich der Sozialhilfe (§ 34 SGB XII aF; jetzt § 36 SGB XII) bereits zuvor eine Bestimmung zur Benachrichtigung der Sozialhilfebehörden durch die Gerichte bei Eingang einer auf Zahlungsverzug gestützten Räumungsklage. Diese Regelungen wurden lediglich auf den Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) erstreckt, um sicherzustellen, dass die Leistungsempfänger nach dem SGB II nicht schlechter gestellt werden als die Bezieher von Sozialhilfe (vgl. BT-Drucks. aaO S. 15).
dd) Das Berufungsgericht kann sich zur Begründung seiner Ansicht auch nicht mit Erfolg auf den Zweck der Informationspflichten nach § 22 Abs. 9 SGB II beziehungsweise nach § 36 Abs. 2 SGB XII stützen. Soweit es diesbezüglich darauf abstellt, es sei völlig unverständlich, die Sozialbehörden von einem gerichtlichen Verfahren zu informieren, um ihnen die Möglichkeit zu geben, den drohenden Verlust der Wohnung abzuwenden, wenn dieses "ohnehin" wegen der ordentlichen Kündigung mit einer Räumung ende, unterstellt es einen Automatismus, den es in dieser Form nicht gibt.
Denn nicht jede auf einen Mietrückstand gestützte, hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung führt im Ergebnis "ohnehin" zur Beendigung des Mietverhältnisses (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2015 - VIII ZR 321/14, WuM 2016, 225 Rn. 6 ff.). So ist bei der Prüfung des Vorliegens einer schuldhaften, nicht unerheblichen Vertragspflichtverletzung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) eine unverschuldete wirtschaftliche Notlage des Mieters zu berücksichtigen. Der Mieter kann sich somit - anders als bei der fristlosen Kündigung - auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe berufen (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250 unter II 2 d cc; vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 21; Senatsbeschluss vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 238/15, WuM 2016, 682 Rn. 14; Milger, NZM 2013, 553, 556). Wenn die Miete nicht wegen Zahlungsunfähigkeit, sondern aus anderen Gründen nicht gezahlt wird - wie vorliegend unter Berufung auf Mängel der Mietsache - liegt zudem ein Fall, in welchem ein Einschreiten der Sozialbehörden angezeigt ist, von vornherein nicht vor und bedarf es somit nicht deren Unterrichtung.
Davon abgesehen ist bei einem Ausgleich der Mietrückstände zu prüfen, ob die Berufung auf die ordentliche Kündigung als treuwidrig (§ 242 BGB) erscheint (vgl. Senatsurteile vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17, BGHZ 220, 1 Rn. 43 und VIII ZR 261/17, NZM 2018, 1017 Rn. 51; Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2015 - VIII ZR 321/14, aaO).
g) Abschließend ist festzuhalten, dass das Berufungsgericht bei seiner auf die heutigen Verhältnisse und die aktuellen Auswirkungen einer auf den Zahlungsverzug gestützten Kündigung die jüngere Gesetzgebungsgeschichte in Gänze außer Betracht lässt. Aus dieser folgt eindeutig, dass der Gesetzgeber eine Erstreckung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung (bisher) ablehnt.
Ein durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Jahr 2016 vorgelegter Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren Novellierung mietrechtlicher Vorschriften - Zweites Mietrechtsnovellierungsgesetz (2. MietNovG; dort S. 1, 15 f.; hierauf verweist noch Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 253) sah vor, die Schonfristzahlung auf eine ordentliche Kündigung zu übertragen, um den Mieter im Fall des Mietrückstands besser vor dem Verlust der Wohnung zu schützen und dadurch wertungsmäßige Unstimmigkeiten zu beseitigen.
Der Entwurf wurde nicht Gesetz und sein vorgenannter Inhalt auch bei folgenden Gesetzgebungsvorhaben nicht aktiv wieder aufgegriffen. So enthielt der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache (Mietrechtsanpassungsgesetz - MietAnpG, BT-Drucks. 19/4672) einen diesbezüglichen Vorschlag nicht. Ein im laufenden Gesetzgebungsverfahren gestellter Änderungsantrag, mit welchem durch eine Ergänzung des § 573 BGB die Wirkungen einer Schonfristzahlung auch auf die ordentliche Kündigung erstreckt und somit die Folgen eines Zahlungsverzugs harmonisiert werden sollten (vgl. BT-Drucks. 19/6158), wurde im Bundestag mehrheitlich abgelehnt (siehe BT-Plenarprotokoll 19/68, S. 7830 A).
Damit hat der Gesetzgeber (erneut) eine eindeutige Entscheidung getroffen. Diese darf der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen, die so - wie aufgezeigt - im Parlament nicht erreichbar war (vgl. BVerfGE 69, 315, 372; 82, 6, 12 f.). Vor diesem Hintergrund ist die Beseitigung gewisser, insoweit vom Berufungsgericht zutreffend gesehener Wertungswidersprüche (so schon Milger, NZM 2013, 553, 555 f.) - sowohl im Verhältnis der ordentlichen zur fristlosen Kündigung als auch im Verhältnis zwischen den zivilrechtlichen Beendigungsmöglichkeiten eines Mietvertrags und den Einschreitungsbefugnissen der Sozialbehörden - nicht Aufgabe der Rechtsprechung.
III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist noch nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die von der Klägerin hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung die Voraussetzungen des § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB erfüllt. Insbesondere hat es offen gelassen, ob die Miete infolge behaupteter Feuchtigkeitseinwirkungen gemindert war. Wird hiernach eine schuldhafte nicht unerhebliche Verletzung vertraglicher Pflichten des Beklagten bejaht, wird das Berufungsgericht anschließend zu prüfen haben, ob der Ausgleich der Mietrückstände bei tatrichterlicher Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentliche Kündigung ausnahmsweise als treuwidrig (§ 242 BGB) erscheinen lässt (vgl. hierzu Senatsurteile vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17, BGHZ 220, 1 Rn. 43 und VIII ZR 261/17, NZM 2018, 1017 Rn. 51; Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2015 - VIII ZR 321/14, WuM 2016, 225 Rn. 6 f.).
Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Dr. Fetzer
Dr. Schmidt
Wiegand
Frau Dr. Matussek istwegen Urlaub an derUnterschrift gehindert
Dr. Fetzer
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Peer Reitner
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