BGH: Urteil vom 19. April 2023 - BGH, Urt. v. 19.4.2023 – VIII ZR 280/21
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 25. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung seines Klagebegehrens auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 8.425,20 € (Klageantrag Ziffer 1) sowie - im Hilfsantrag - auf Ersatz des (behaupteten) Schadens an der Wohnungseingangstür (450 € nebst Zinsen) richtet.Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 19. November 2020
hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 2 (Zahlung von 881,35 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Januar 2018),
hinsichtlich des hilfsweise gestellten Klageantrags Ziffer 4, soweit er auf die Zahlung von 7.511,35 € (7.961,35 € abzüglich 450 € für den behaupteten Schaden an der Wohnungseingangstür) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Oktober 2018 gerichtet ist,
zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten waren bis zum 31. Dezember 2017 Mieter einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus des Klägers in L. . Die Rückgabe der Wohnung erfolgte am 2. Januar 2018.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Januar 2018 forderte der Kläger die Beklagten zur Durchführung näher bezeichneter Schönheitsreparaturen, zur Erneuerung von Wandfliesen in der Küche, zum Streichen der Wand im Treppenhaus des Anwesens, zu Rückbauarbeiten bezüglich verlegter Fliesen und eines PVC-Belags sowie zur Reparatur der Zarge der Wohnungseingangstür auf. Dem kamen die Beklagten nicht nach. Ausweislich eines vom Kläger eingeholten Kostenvoranschlags fallen für die vorgenannten Arbeiten Kosten in Höhe von insgesamt 7.961,35 € (netto) an.
Der Kläger hat die Rückbauarbeiten in Teilen (stellenweise Entfernung des PVC-Belags; Lieferung und Verlegung neuer Böden) bereits ausgeführt. Für diese Arbeiten sowie für das noch nicht durchgeführte Streichen der Küche und des Wohnzimmers (500 €) und für noch zu verlegende Abschlussleisten (32 €) macht der Kläger insgesamt - unter Zugrundelegung der im Kostenvoranschlag angesetzten (Netto-)Preise - einen Betrag in Höhe von 881,35 € als Schadensersatz geltend. Die übrigen Positionen des Kostenvoranschlags (insgesamt 8.425,20 € einschließlich Umsatzsteuer) begehrt der Kläger als Vorschuss zur Ausführung der entsprechenden Arbeiten. Hilfsweise begehrt er die Zahlung des im Kostenvoranschlag ausgewiesenen (Netto-)Betrags (7.961,35 €).
Seine zuletzt auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 8.425,20 € zur Durchführung im Einzelnen genannter Arbeiten, auf Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 881,35 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie hilfsweise auf Zahlung von 7.961,35 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht wegen der Frage, ob im Mietrecht eine fiktive Schadensberechnung (weiterhin) möglich ist, zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter
Entscheidungsgründe
Die Revision hat, soweit sie eröffnet ist, Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der vom Kläger geltend gemachte Kostenvorschussanspruch (8.425,20 €) stehe diesem nicht zu, da es im Mietrecht - anders als im Werkvertragsrecht (§ 637 Abs. 3 BGB) - hierfür eine Anspruchsgrundlage nicht gebe. Soweit der Bundesgerichtshof einen Anspruch des Vermieters auf Kostenvorschuss annehme, betreffe dies nur die Durchführung von Schönheitsreparaturen während eines - vorliegend nicht mehr - bestehenden Mietverhältnisses.
Auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch (881,35 €) stehe dem Kläger nicht zu, da dieser insoweit eine fiktive Schadensberechnung vornehme, welche nicht (mehr) zulässig sei.
Der Kläger begründe seinen Klageantrag damit, dass die Beklagten geschuldete Schönheitsreparaturen beziehungsweise Rückbauten (Entfernung des von ihnen eingebrachten PVC-Belags nebst Verlegung neuer Fußleisten im Schlafzimmer und Kinderzimmer, Verlegung von durch die Beklagten entfernten Abschlussleisten im Übergang von Kinder- und Schlafzimmer zum Flur, Streichen der Küche und des Wohnzimmers) nicht ausgeführt hätten. Die Ansprüche aus § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB seien aber bei der vom Kläger vorgenommenen fiktiven Schadensberechnung nicht gegeben. Zwar habe der Kläger Teile der genannten Arbeiten bereits selbst ausgeführt, halte aber - auch in zweiter Instanz - an der fiktiven Schadensberechnung weiterhin fest. Eine solche Berechnung auf der Grundlage voraussichtlicher Schadensbeseitigungskosten sei jedoch ausgeschlossen.
Denn die Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, wonach im Werkvertragsrecht eine fiktive Schadensabrechnung nicht (mehr) möglich sei, könne auf das Mietrecht übertragen werden. Zwar sei insbesondere ein Minderungsrecht und ein Selbstvornahmerecht für einen Vermieter - im Gegensatz zum Besteller beim Werkvertrag - nicht gegeben. Jedoch gälten die allgemeinen schadensersatzrechtlichen Überlegungen des VII. Zivilsenats auch im Mietrecht. Insbesondere die Argumentation, derjenige Besteller, der keine Aufwendungen zur Mangelbeseitigung tätige, habe keinen Vermögensschaden in Form und Höhe dieser (nur fiktiven) Aufwendungen, gelte ebenso für den Vermieter. Die Nichterfüllung der Renovierungspflicht begründe nicht bereits einen Vermögensschaden in Höhe der Kosten der Ersatzvornahmen.
Überdies sei der Gedanke der drohenden Überkompensation auch im Mietrecht einschlägig, da es dem Vermieter häufig gelinge, die unrenovierten Räume ohne Mietabschlag weiterzuvermieten. In diesem Punkt liege auch ein Unterschied zum Kaufrecht, wo selten ein Fehlanreiz entstehe, die hohen Kosten zu vereinnahmen, ohne die Mängel zu beseitigen, so dass die Notwendigkeit bestehe, die gegen das Bereicherungsverbot verstoßende Überkompensation im Mietrecht - hier bezüglich der Ansprüche auf Durchführung geschuldeter Schönheitsreparaturen und Rückbauten - zu verhindern.
Der Hilfsantrag auf Zahlung des im Kostenvoranschlag ausgewiesenen Betrags sei ebenfalls unbegründet, da auch diese Ansprüche (§ 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB) aufgrund der vom Kläger vorgenommenen fiktiven Schadensberechnung nicht gegeben seien.
Soweit das Amtsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen Sachbeschädigung an der Wohnungseingangstür (laut Kostenvoranschlag 450 €) abgelehnt habe, da der Kläger eine Schadensentstehung während der Mietzeit der Beklagten nicht bewiesen habe, sei die Berufungskammer an diese Feststellung gebunden. Die Berufungsbegründung enthalte insoweit keinen Angriff.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung, soweit sie aufgrund des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung eröffnet ist, nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der Kosten für die von den Beklagten nicht ausgeführten Schönheitsreparaturen und Rückbauten (§ 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie für den Austausch von Wandfliesen und für die Malerarbeiten an der Wand im Treppenhaus (§ 280 Abs. 1 BGB; § 823 Abs. 1 BGB) nicht verneint werden. Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Kläger seinen Schaden nach dem Ende des Mietverhältnisses anhand der hierfür jeweils erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten ("fiktiven") Kosten bemessen.
1. Soweit der Kläger mit seiner Revision die Abweisung der auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 8.425,20 € sowie auf Zahlung des zur Beseitigung des behaupteten Schadens an der Wohnungseingangstür erforderlichen Betrags (450 € nebst Zinsen) gerichteten Klage angegriffen hat, ist diese bereits nicht statthaft (§ 542 Abs. 1, § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und damit als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 ZPO).
a) Das Berufungsgericht hat die Revision ausweislich des Tenors sowie der Entscheidungsgründe wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, weil sich die Frage stelle, ob - ebenso wie im Werkvertragsrecht - auch im Mietrecht "eine fiktive Schadensberechnung" nicht mehr vorzunehmen sei. Diese Zulassung umfasst - bei verständiger Auslegung der Urteilsformel (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 10. April 2018 - VIII ZR 247/17, NJW 2018, 1880 Rn. 9; vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, NJW-RR 2022, 1460 Rn. 10) - nicht sämtliche geltend gemachten Ansprüche. Denn die vorgenannte Frage ist lediglich für die vom Kläger fiktiv bemessenen Ansprüche auf Schadensersatz mit Ausnahme des Schadensersatzanspruchs wegen Beschädigung der Wohnungseingangstür von Bedeutung. Sie stellt sich damit nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs, so dass die Zulassung der Revision ausschließlich auf diese - fiktiv abgerechneten - Schadenspositionen beschränkt ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. November 2021 - VIII ZR 15/20, juris Rn. 8 f.; vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, aaO; jeweils mwN).
Die Zulassung der Revision erfasst damit nicht den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für noch auszuführende Arbeiten, da sich bei dessen Beurteilung Fragen einer fiktiven Schadensbemessung nicht stellen. Das Berufungsgericht hat diesen Klageanspruch deshalb nicht zuerkannt, weil es im Mietrecht hierfür - bei einem wie hier beendeten Mietverhältnis - eine Anspruchsgrundlage nicht gebe. Zudem erfasst die Revisionszulassung nicht den Anspruch des Klägers wegen der behaupteten Beschädigung der Wohnungseingangstür. Zwar bemisst der Kläger diesen Schaden fiktiv. Auf die Unzulässigkeit einer solchen Schadensbemessung hat das Berufungsgericht die Klageabweisung insoweit jedoch nicht gestützt. Vielmehr hat es die Feststellung des Amtsgerichts - mangels eines wirksamen Berufungsangriffs - unbeanstandet gelassen, wonach der Kläger nicht bewiesen habe, dass dieser (behauptete) Schaden während der Mietzeit der Beklagten entstanden sei. Damit fehlt es schon dem Grunde nach an einem Schaden des Klägers und stellt sich die Frage der - den Gegenstand der Revisionszulassung bildenden - Möglichkeit einer fiktiven Schadensbemessung nicht.
b) Diese Beschränkung der Zulassung ist auch wirksam. Zwar ist eine Beschränkung der Revision auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente unzulässig. Anerkanntermaßen hat das Berufungsgericht jedoch die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 31. August 2022 - VIII ZR 233/21, NZM 2022, 922 Rn. 22; vom 26. Oktober 2022 - VIII ZR 390/21, NJW-RR 2023, 14 Rn. 19; Senatsbeschluss vom 19. Juli 2022 - VIII ZR 194/21, NJW-RR 2023, 84 Rn. 23; jeweils mwN).
aa) Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Denn bei den auf der Grundlage noch nicht aufgewendeter Kosten berechneten Schadensersatzansprüchen handelt es sich um einen selbständigen Teil des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff - hier bezüglich des bereits dem Grunde nach verneinten Anspruchs auf Ersatz für Schäden an der Wohnungseingangstür sowie auf Zahlung eines Vorschusses - beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung ein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs nicht auftreten kann.
bb) Entgegen der Ansicht der Revision besteht die Gefahr eines solchen Widerspruchs nicht deshalb, weil der Senat bei der Prüfung der Möglichkeit einer fiktiven Schadensbemessung zu dem Ergebnis gelangen könnte, eine solche sei deshalb unzulässig, weil dem Kläger als (ehemaligem) Vermieter ein Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses zustehe. Letzteres stünde dann in Widerspruch zu dem vom Berufungsgericht abgewiesenen - und von der Revisionszulassung nicht erfassten - Klageantrag auf Zahlung eines Kostenvorschusses.
Hieraus folgt keine Widerspruchsgefahr in vorgenanntem Sinne. Bei der Beurteilung eines Anspruchs des Vermieters auf Zahlung eines Kostenvorschusses einerseits und der Möglichkeit, einen - dem Grunde nach bestehenden - Schadensersatzanspruch fiktiv zu bemessen, andererseits, handelt es sich um voneinander unabhängige Fragestellungen.
Allein der von der Revision angeführte Umstand, dass die Beurteilung der Möglichkeit einer "fiktiven Schadensberechnung" durch den Vermieter nach dem Ende eines Mietverhältnisses möglicherweise vom Bestehen eines Vorschussanspruchs abhängen könnte, begründet keine Widerspruchsgefahr, da es sich nicht um eine gemeinsame Vorfrage beider Klagebegehren (Vorschuss und Schadensersatz), sondern lediglich um ein etwaiges Begründungselement handelt. Ob das etwaige Bestehen eines Vorschussanspruchs für die Entscheidung der Frage einer fiktiven Schadensabrechnungsmöglichkeit überhaupt maßgebend ist, hängt davon ab, ob diesem Aspekt hierfür eine rechtliche Relevanz beigemessen wird.
2. Soweit der Kläger die Abweisung seiner auf die Zahlung von 881,35 €, auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und hilfsweise auf die Zahlung von 7.511,35 € (Gesamtbetrag des Kostenvoranschlags - 7.961,35 € - abzüglich 450 € bezüglich der Wohnungseingangstür) nebst Zinsen gerichteten Klage angreift, ist seine Revision zulässig und auch begründet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Kläger seine Schadensersatzansprüche - deren Bestehen dem Grunde nach mangels Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren zugunsten des Klägers zu unterstellen ist - wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen (§ 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB), der unterlassenen Rückbauten bezüglich der Fußböden (§ 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) und wegen der durch die Beklagten verursachten Schäden an der Mietsache (§ 280 Abs. 1 BGB; § 823 Abs. 1 BGB) anhand der sogenannten fiktiven (Mangelbeseitigungs-)Kosten bemessen.
a) Anders als das Berufungsgericht meint, das lediglich von Ansprüchen des Klägers aufgrund unterlassener "Schönheitsreparaturen und Rückbauten" spricht, liegt den vom Kläger geltend gemachten Kosten für das Entfernen und Neuverlegen von Wandfliesen sowie das Spachteln und Streichen der Wand im Treppenhaus des Hausanwesens nicht die unterlassene Ausführung von Schönheitsreparaturen im Sinne der auch für den preisfreien Wohnraum maßgebenden Definition in § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, NJW-RR 2022, 1460 Rn. 19 mwN) zu Grunde. Denn das Entfernen und die Neuverlegung von Wandfliesen ist nicht von den in dieser Vorschrift genannten (Tapezier- und Anstrich-)Arbeiten umfasst und die Maßnahmen im Treppenhaus liegen außerhalb der ehemals vermieteten Wohnung. Der Kläger macht insoweit - worauf die Revision zutreffend hinweist - Schäden an der Mietsache und somit einen Schadensersatzanspruch neben der Leistung (§ 280 Abs. 1 BGB) geltend (vgl. hierzu Senatsurteil vom 28. Februar 2018 - VIII ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 19 [zu § 280 Abs. 1 BGB] und Rn. 30 [zu § 823 Abs. 1 BGB]).
b) Diese sowie die übrigen Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und Rückbauten kann der Kläger - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Kosten bemessen. Eine solche Schadensbemessung liegt, was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, auch dem Klageantrag auf Zahlung von 881,35 € zu Grunde. Zwar hat der Kläger Teile der Arbeiten, für welche Ersatz begehrt wird, bereits ausgeführt. Er rechnet jedoch - auch insoweit - seinen gesamten Schaden ohne Bezug zu den tatsächlich getätigten Aufwendungen auf der Grundlage des von ihm eingeholten Kostenvoranschlags und damit fiktiv ab (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. April 2022 - VI ZR 7/21, NJW 2022, 1884 Rn. 11 mwN).
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Schadensersatzansprüche statt der Leistung im Mietrecht auch mit den für die Instandsetzung oder -haltung oder für den Rückbau der Mietsache erforderlichen aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Kosten bemessen werden (vgl. BGH, Urteile vom 31. März 2021 - XII ZR 42/20, NJW-RR 2021, 803 Rn. 15; vom 12. März 2014 - XII ZR 108/13, NZM 2014, 306 Rn. 31; vom 5. März 2014 - VIII ZR 205/13, NJW 2014, 1653 Rn. 15; vom 8. Januar 2014 - XII ZR 12/13, NJW 2014, 920 Rn. 26; vom 20. Oktober 2004 - VIII ZR 378/03, NZM 2005, 58 unter II 2 [zu § 326 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung]).
Hieran ist auch nach der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht herangezogenen geänderten Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bezüglich des Werkvertragsrechts (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) weiter festzuhalten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. April 2022 - VIII ZR 364/20, NJW-RR 2022, 1307 Rn. 8 ff.; vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, NJW-RR 2022, 1460 Rn. 14 ff.; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 535 Rn. 50; aA Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 15. Aufl., § 538 BGB Rn. 136). Denn die Erwägungen des VII. Zivilsenats beruhen allein auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts und sind - auch nach dessen Ansicht - auf andere Vertragstypen nicht übertragbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 78; vom 26. April 2022 - VIII ZR 364/20, aaO Rn. 9 mwN; vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, aaO Rn. 15 mwN).
Zwar gibt es - anders als im Kaufrecht (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 2021 - VIII ZR 187/20, NJW 2022, 686 Rn. 95; vom 12. März 2021 - V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 11; Beschlüsse vom 16. November 2021 - VIII ZR 15/20, juris Rn. 14; vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 42) - im Mietrecht einen mit § 637 Abs. 3 BGB vergleichbaren Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die (beabsichtigte) Selbstvornahme. Denn nach der Rechtsprechung des Senats besteht im laufenden Mietverhältnis unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Vorschussanspruch des Mieters bei Mietmängeln (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2020 - VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 14 mwN) und kann auch der Vermieter vom Mieter einen Vorschuss in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten verlangen, wenn sich der Mieter mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verzug befindet (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2006 - VIII ZR 123/05, NJW 2006, 1588 Rn. 12 mwN; Senatsbeschlüsse vom 26. April 2022 - VIII ZR 364/20, aaO Rn. 10; vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, aaO Rn. 16). Solche Ansprüche stehen hier zum einen nur zum Teil in Rede. Zum anderen beziehen sich sämtliche Ansprüche auf ein beendetes Mietverhältnis (vgl. auch BGH, Urteil vom 31. März 2021 - XII ZR 42/20, aaO).
Der vom Berufungsgericht angeführten Gefahr einer Überkompensation bei fiktiver Abrechnung im Mietrecht wird zum einen dadurch begegnet, dass der Geschädigte nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beanspruchen darf. Zum anderen ist zu beachten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bildet (vgl. BGH, Urteile vom 8. Juli 2020 - VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 42; vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, WM 2023, 422 Rn. 50; Beschluss vom 26. April 2022 - VIII ZR 364/20, aaO Rn. 19).
bb) Ebenso wie den Schadensersatzanspruch statt der Leistung (§ 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) kann der Kläger auch seinen das Integritätsinteresse betreffenden Schadensersatzanspruch neben der Leistung (§ 280 Abs. 1 BGB) wegen der Beschädigung der Mietsache - hier bezüglich der Wandfliesen der Küche und des Flurs im Treppenhaus - auf der Grundlage der voraussichtlichen Kosten bemessen. Anders als bei einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung, der aufgrund des Wegfalls des Leistungsanspruchs (§ 281 Abs. 4 BGB) von vornherein nur auf Geldersatz gerichtet ist, kann der geschädigte Vermieter bezüglich des Schadensersatzanspruchs neben der Leistung wahlweise Naturalrestitution oder den Geldersatz verlangen (vgl. BGH, Urteile vom 19. November 2014 - VIII ZR 191/13, BGHZ 203, 256 Rn. 26; vom 28. Februar 2018 - VIII ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 29; vom 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 21). Aufgrund dieser Ersetzungsbefugnis, die das Gesetz in § 249 Abs. 2 BGB dem Geschädigten gewährt (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 184; vom 3. Juli 2008 - I ZR 218/05, NJW-RR 2009, 103 Rn. 22), kann der Kläger (auch) diesen Schadensersatzanspruch anhand der fiktiven Kosten bemessen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 33; Riehm, NZM 2019, 273, 277).
Soweit der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 57 ff.) auch hinsichtlich eines solchen Schadensersatzanspruchs neben der Leistung (§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB) eine fiktive Schadensbemessung verneint hat, ist dies - wie ausgeführt - auf andere Vertragstypen außerhalb des Werkvertragsrechts nicht übertragbar. Zudem ist der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Denn im Falle des dort in Rede stehenden Anspruchs gegen einen Architekten aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB aufgrund von Planungs- oder Überwachungsfehlern besteht - anders als hier - eine Ersetzungsbefugnis des Bestellers nicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, aaO Rn. 58 f.).
III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist noch nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - Feststellungen zu Grund und Höhe des Schadens nicht getroffen hat. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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